Quo vadis, Deutschland? - u.a. mit Verbio, Nvidia, Aixtron, Samsung (Andreas Kern)

Die Energiekrise hat sich in den vergangenen Tagen rasant zugespitzt. Am Wochenende wurde bekannt, dass Russland kein Gas mehr über Nord Stream 1 liefern wird.

Der DAX sank daraufhin am Montag um zwischenzeitlich -3 % und europäische Gas-Futures stiegen um +35 %. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) berichtet auf Basis einer Blitzumfrage, dass 34 % der Unternehmen die hohen Energiepreise als existenzbedrohend wahrnehmen. Reinhold von Eben-Worlée, Präsident des Verbands der Familienunternehmer, warnte sogar vor einer „riesigen Insolvenzwelle“ im Mittelstand und dem Verlust zehntausender Arbeitsplätze. Erste große Firmen haben denn auch bereits Insolvenz angemeldet, etwa der Schuhhändler Görtz oder der Toilettenpapierhersteller Hakle.

Vorsicht, Home Bias!

Deutsche und europäische Aktien sind zweifellos besonders unter Druck, da Europa am heftigsten unter der Energieknappheit leidet. So fiel der CDAX, der den gesamten deutschen Aktienmarkt abbildet, seit Jahresbeginn um -21 %, und der STOXX Europe 600 um -15 %. Anleger sind also gut beraten, weltweit zu diversifizieren und nicht dem „Home Bias“ zu verfallen, also vorwiegend in heimische Aktien zu investieren. Gleichwohl zahlt sich Optimismus an der Börse langfristig aus und manch einer sieht sogar schon wieder attraktive Kaufkurse.

Prognosefreies Investieren

Christoph Klar (SystematiCK) hält sich aktuell noch zurück. „Die Anzahl Aktien mit neuen 52-Wochentiefs übersteigt die Anzahl mit neuen 52-Wochenhochs um ein Vielfaches“, stellte er am 3. September auf wikifolio.de fest. Sein wikifolio Trendfollowing Deutschland weist denn auch eine Cashquote von 95 % auf. Klar hatte die Liquidität bereits im vergangenen November von 50 auf 90 % erhöht, sodass er die allgemeine Abwärtsbewegung nicht mitgegangen ist. Die restlichen 5 % stecken derzeit zu fast gleichen Teilen im Biokrafthersteller Verbio und in Aixtron, einem führenden Anlagebauer für die Halbleiterindustrie. Klar will prognosefrei investieren und verwendet dazu eine Software, die nach festen Regeln Titel kauft und verkauft. So soll sich eine Aktie beim Kauf nahe dem 1-Jahreshoch befinden – bei gleichzeitiger Relativer Stärke nach Levy (sogenannter RSL-Indikator). Die Titel hält Klar dann über einige Tage bis mehrere Monate. Die Performance kann sich sehen lassen: Das wikifolio stieg seit Beginn im Januar 2017 um +90 % (entspricht +12,0 % pro Jahr). Das ist deutlich mehr als CDAX (+10,0 %), SDAX (+21,5 %) oder DAX (+11,4 %) in dieser Zeit zulegten.

Kurzfrist-Trading mit deutschen Smallcaps

Joachim Köngeter (joibaer) hält mit einem Anteil von 12,8 % deutlich weniger Cash. Trotzdem hat er mit seinem wikifolio Tradingchancen dt. Nebenwerte in den vergangenen zwölf Monaten den SDAX deutlich geschlagen (-7,2 % gegenüber -32,3 %). Köngeter hält seine Aktien bloß wenige Stunden oder Tage und nutzt charttechnische Signale, um die richtige Aktie und den Einstiegszeitpunkt zu finden. Dabei setzt er auf ein spekulatives Aktienportfolio, wie er erklärt. Aktuell haben allein die Top-6-Aktien einen wikifolio-Anteil von 51 %. Darum sichert sich Köngeter mit einem Short-ETF ab, der den DAX zweifach hebelt und einen wikifolio-Anteil von 12 % hat. Mit dieser Strategie überflügelt der Trader seit dem Start im März 2015 fast durchgehend den SDAX. Die Gesamtperformance betrug +119 % (+11,1 % p.a.), während der SDAX in diesem Zeitraum bei nur +38,9 % liegt.

Tech raus, Short-ETF rein

Dennis Raute (DennisRaute) investiert neben deutschen auch in ausländische Titel und orientiert sich an charttechnischen und fundamentalen Signalen. Die Aktien befinden sich irgendwo zwischen wenigen Minuten und mehreren Monaten in seinem wikifolio Trendfolge&Trading. „Je nach Handelsansatz und Chance-Risiko-Verhältnis kann es sich um Daytrades oder Swingtrades handeln”, erklärt er. Aktuell fährt auch Raute eine hohe Cash-Quote (70 %). Außerdem hält er 32 Aktientitel mit derzeit maximal 1,9 % Gewichtung pro Position. Dazu kommt ebenfalls ein DAX-Short-ETF mit zweifachem Hebel (4,1 % Gewicht). Mit Trades auf den Short-ETF hat Raute in den vergangenen Wochen Zugewinne von bis zu +12 % realisiert. Außerdem verkaufte er im August einige Tech-Titel wie Nvidia, Amazon, Samsung und Electronic Arts und erzielte zweistellige Renditen. Insgesamt verbuchte Raute seit Beginn im Januar 2013 Zugewinne von +9,0 % pro Jahr oder eine Gesamtperformance von +128 %.

Was kommt?

  • Das sollten Anleger in der nächsten Woche im Auge behalten

In der kommenden Woche erscheinen Daten zu den Konjunkturerwartungen des Mannheimer Forschungsinstituts ZEW (Montag). Zuletzt war der Frühindikator auf den tiefsten Stand seit der Finanzkrise 2008 gesunken. Außerdem werden die Zahlen zur Verbraucherpreisinflation in den USA vermeldet (Dienstag), die im Juli von +9,1 auf +8,5 % gefallen waren. Die Bank of England verkündet am Donnerstag, ob sie den Leitzins erneut anhebt. Zuletzt waren die Zinsen um 0,5 Prozentpunkte auf 1,75 % gestiegen. Am Freitag veröffentlicht schließlich Eurostat Angaben zur Inflation in der Eurozone, die zuletzt auf +9,1 % gestiegen war.

Im Original hier erschienen: Schwerpunkt der Woche: Quo vadis, Deutschland?



(09.09.2022)

Einbahn nach unten, Baisse


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Andreas Kern

Gründer wikifolio.com

>> https://www.wikifolio.com/de/de/blog


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