Das RBI-IPO ist der lässigste Moment in der Wiener Börsegeschichte (Christian Drastil)

Um 11:45 liegt der ATX TR mit -3.10 Prozent im Minus bei 7604 Punkten (Ultimo 2021: 7849, -3.12% ytd). Topperformer der PIR-Group sind Rosenbauer mit +0.98% auf 46.15 Euro, dahinter Zumtobel mit +0.06% auf 8.005 Euro und Immofinanz mit +0.00% auf 22.7 Euro. Zum Vergleich der DAX: 15291 ( -0.97%, Ultimo 2021: 15884, -3.73% ytd).

>> RBI-IPO lässiger Moment in der Wiener Börsegschichte. Interview mit Diana Kaufhold vom Presenter firesys

Das RBI-IPO wurde von einer Jury aus 50 MarktteilnehmerInnen, die je 5 Inputs bringen konnten (also Sample 250 am Ende der 250er-Feiern der Wiener Börse) zum lässigsten Moment in der Wiener Börsegschichte gewählt. Es war die mit Abstand auffälligste Mehrfachnennung. Alle Nennungen sind im Börse Social Magazine #60 zu sehen und ab der heutigen #gabb-Ausgabe outen wir täglich eine Antwort im Börsegeschichte-Block. Zum Auftakt gibt es heute auch ein Interview mit Presenterin Diana Kaufhold, firesys. About: firesys, Spezialist für Finanzpublikationen und Unternehmensberichte, hat 80 Prozent der ATX-Firmen als Kunden. Geschäftsführerin Diana Kaufhold deutscht im Q&A dankenswerterweise wesentliche Begriffe aus der Finanzberichterstattung ein. Und kürt mit uns eben den „Lässigsten Moment in der Wiener Börsegeschichte“.

Liebe Frau Kaufhold, liebe Diana! Schön, dass firesys der Presenter des „Lässigsten Moments in der Wiener Börsegeschichte“ ist. In der österreichischen IR-Szene kennt man Euch bereits sehr gut, aber stelle Dich und firesys doch mal unseren Lesern vor bitte …
Diana Kaufhold: Wir freuen uns ebenfalls, bei diesem großen Ereignis dabei sein zu dürfen. firesys etabliert sich bereits seit 1989 im Bereich der Finanzpublikationen. Unser Disclosure Management System macht es Unternehmen möglich, sämtliche Unternehmensberichte kohärent und autark von der Datenanbindung bis zur Veröffentlichung inhouse abzuwickeln.
Der Firmengründer Michael Konrad – leider im Jahr 2020 tödlich verunglückt – führte das Unternehmen viele Jahre gemeinsam mit Imran Mohammed. Als Herr Konrad sich in den wohlverdienten Ruhestand verabschiedete, übernahm Herr Mohammed als Geschäftsführender Gesellschafter das Unternehmen. Gleichzeitig übernahm ich als Geschäftsführerin die Geschäftssegmente von Herrn Konrad. Er hatte mich 1–2 Jahre eingearbeitet, dennoch waren die Fußstapfen in die ich trat, groß. Wenn Herr Mohammed der Kopf des Unternehmens ist, war Herr Konrad das Herz. In der Kundenbeziehung das Herz zu ersetzen, war eine große Herausforderung für mich. Denn gerade in Österreich macht man Geschäfte mit Herz und Verstand. Viele eurer Leser haben unseren Change-Management-Prozess miterlebt. Nicht jedes Herz konnte ich im Sturm erobern, aber nach fast zehn Jahren kann ich behaupten, dass ich mit unseren langjährigen Kunden eine ganz eigene Vertrauensbasis aufbauen konnte. Dafür bin ich sehr dankbar. Wir fühlen uns als Unternehmen und als Menschen immer sehr willkommen in Österreich, wir sind schon lange nicht mehr nur das „Unternehmen aus Deutschland“, wir sind verlässliche Partner, enge Vertraute und zuversichtliche Weggefährten.

… und seit wann bzw. wie seid Ihr am österreichischen Markt aktiv?
Seit 2002. Wir haben von Beginn an Unternehmen dabei unterstützt, mit unseren softwarebasierten Lösungen eigenständig vorhandene Prozesse zu optimieren.

Wer war Eurer erster Kunde in Österreich?
Unser erster Kunde in Österreich war die Wienerberger AG, dicht gefolgt von der Mayr-Melnhof-Karton AG und der Telekom Austria AG.

Was sind die Unterschiede in der Geschäftsbeziehung zu Deutschland?
In Österreich lässt man sich vergleichsweise länger Zeit um eine Entscheidung zu treffen, dafür wird diese dann nicht mehr revidiert. In Deutschland finden geschäftliche Treffen immer im Unternehmen, in dafür vorgesehenen Räumen statt. In Österreich trifft man sich zu einem Geschäftstermin auch gerne in einem Caféhaus und genießt die lockere Atmosphäre. Die Österreicher gehen zudem deutlich schneller vom förmlichen „Sie“ zum vertraulichen „Du“ über. Ich persönlich bin zugegebenermaßen beim ersten Punkt sehr „deutsch“, mir kann es nicht schnell genug gehen. Dafür punkten die Österreicher mit ihrer offenen, freundlichen und zugleich sehr professionellen Business-Atmosphäre. Die Art und Weise, wie man Herzlichkeit und eine hohe Anspruchshaltung gleichermaßen in einem Gespräch gewichtet, ist schon sehr beeindruckend und vorbildlich.
Vor ein paar Tagen erst erreichte mich im Skiurlaub ein Neujahrsgruß von einer österreichischen Kundin. Die Dame brachte ihre Dankbarkeit zum Ausdruck, wobei ihre Achtung vor allem dem firesys-Team galt. Sie machte sich die Mühe der Geschäftsleitung mittzuteilen, welch gute Arbeit das Team geleistet hat. Persönliche Anerkennungen, die authentisch und auf den Punkt genau formuliert werden erreichen uns nicht wöchentlich, aber wenn uns ein präzise ausformuliertes Feedback erreicht, dann ist die/der Absender(in) meist aus Österreich.

Auf Eurer Homepage steht: „Die ESEF-konforme built-in Lösung von firesys ist nun ISAE 3000 zertifiziert und entspricht dem IDW PS 880“. Jetzt bin ich einer, der ewig im Markt ist, habe aber nur eine vage Vermutung, worum es dabei geht. Kannst Du mir das bitte eindeutschen? Und: Machen die Vorgaben der Regulierung nur mir Angst oder geht es den börsennotierten Unternehmen ebenso? Wie kann firesys bei der Übersetzung der Vorgaben in sinnvolle Vereinfachungen und Ergebnisse unterstützen?
Eindeutschen, dieser Begriff gefällt mir in unserer Konstellation. Aber dafür würden wir alle hundert Seiten eures Magazins benötigen. Ich versuche es etwas kürzer zu halten. Was vielleicht nicht jeder Leser weiß, das Thema European Single Electronic Format (ESEF) ist eine regulatorische Vorgabe auf EU-Ebene, für deren Umsetzung eine Software benötigt wird. Die Maschinenlesbarkeit der Berichte dient der Transparenzsteigerung und Vergleichbarkeit.
Aus den Statuten der European Securities and Markets Authority (ESMA), den Entscheidungen einzelner Mitgliedstaaten, dem Einfluss der Finanzmarktaufsicht Österreich (FMA) sowie des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW), ergeben sich facettenreiche Ansprüche, die mitunter sehr detailreich sind – aber es gibt auch gemeinsame Nenner: Ein Minimum dessen, was ein Unternehmen zu erfüllen hat, um den gesetzlichen Anforderungen sowie der technischen Umsetzung zu genügen.
Dass firesys diese wesentlichen Kriterien nicht nur kennt, sondern auch versteht und erfüllt, bestätigt u.a. die in der Frage erwähnte Zertifizierung durch ein renommiertes Wirtschaftsprüfungsunternehmen. Die Softwarebescheinigung gem. ISAE 3000, die dem IDW PS 880 entspricht, wird für den Wirtschaftsprüfer die Abschlussprüfung vereinfachen. Der Umfang der Prüfungskriterien ist mit einer zertifizierten Software deutlich geringer, weil durch die Zertifizierung bereits eine Art „Vorprüfung“ erfolgt ist, welche die Einhaltung der Richtlinien bescheinigt. Unternehmen sparen dadurch Zeit und Geld. Insgesamt ein komplexes und arbeitsintensives Thema, aber mittlerweile sind die meisten unserer Kunden sehr gut aufgestellt, andere unterstützen wir sehr gerne auf dem Weg dahin.

Wow, danke für diese Erklärung. Jetzt hab ich es verstanden. Ebenfalls auf der Homepage zu sehen ist eine beeindruckende Kundenliste, darunter sind auch etliche Unternehmen, die nicht börsennotiert sind. Für wen alles macht es Sinn, Eure Produkte einzusetzen?
Schöne Frage, denn die nicht börsennotierten Unternehmen gehen in den öffentlichen Diskussionen rund um den Verordnungswirrwarr „XBRL/ESEF“ und „Sustainability Reporting“ oder Trendfragen zu Print-Bericht vs. Online-Bericht oftmals unter.
Gehen wir nur drei Jahre zurück, da hatten kleine wie große Unternehmen ähnliche Anforderungslisten (mehr Effizienz, Kostenersparnis, Prozessoptimierung, Qualitätssicherung, etc.) und vergleichbare Ausgangssituationen (Bericht wird in Excel/Word erstellt, kleines Team, viele Korrekturschleifen, etc.). Das ist auch noch heute überall dort so, wo noch kein Disclosure Management System im Einsatz ist. Sicher sind regulatorische Anforderungen ein starker Treiber für die Einführung von Software. Die Optimierung und Vereinfachung der Unternehmensberichterstattung sollte im Idealfall jedoch nicht mit einem „Muss“ einhergehen, sondern ein Anspruch des Managements sein, welches nachhaltige Prozesse fordert und fördert.
firesys macht für jede Unternehmensgröße Sinn. Wer möchte nicht mühsame Fleißarbeiten durch einen Knopfdruck erledigen, um seine Ressourcen gewinnbringender einzusetzen?

Das klingt nach einem gewissen Sorglospaket. Was sind Eure Ziele in 2022?
Wir möchten in unterschiedlichen Bereichen unsere Stärken weiter ausbauen, dafür ist auch personelles Wachstum erforderlich. Unsere Experten aus der Kundenbetreuung freuen sich über volle Auftragsbücher, denn ein gemeinsames Ziel mit unseren Kunden ist die Umsetzung des Sustainability Reportings in diesem Jahr. Und dann wäre da noch der Trend zum Onlinebericht, welchen viele Unternehmen zumindest zusätzlich zur Printvariante umsetzen möchten. Unser Fokus liegt in 2022 stark auf unseren Bestandskunden, dennoch freuen wir uns auch schon auf das Neukundengeschäft. Ein weiteres Ziel ist, die Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern weiter auszubauen. Wir begrüßen vor allem auch neue Kontakte, die entweder unser Vertriebsnetz stärken, oder im Bereich ESEF, Online Reporting oder ESG unsere Expertise ergänzen.

Zurück zum „Lässigsten Moment in der Wiener Börsegeschichte: Was verbindest Du mit dem österreichischen Markt? Hast Du eine besondere Erinnerung, sei es nun ein Event, ein Milestone, eine Begebenheit?
Als Presenterin des Highlights aus 250 Jahren Börsengeschichte bin ich sehr stolz, die Raiffeisen Bank International AG ehren zu dürfen, denn der Börsengang im Jahr 2005 war auch für firesys ein Highlight, da für diesen Zweck unsere Software eingeführt wurde. Wenn ich an Events in Wien denke, fallen mir unsere Kundenveranstaltungen ein, die wir z.B. bei der RBI oder dem Verbund ausrichten durften – großartige Veranstaltungen, auf die wir gerne zurückblicken. Nicht unerwähnt bleiben dürfen die CIRA Jahreskonferenzen. Wir sind immer gerne dabei und freuen uns, Teil der Community zu sein. Da wir mehr als 80 Prozent der ATX-Mitglieder in der Geschäftsberichtserstellung begleiten, gibt es viele besondere Momente, für die wir sehr dankbar sind. Kunden, die uns von Unternehmen zu Unternehmen mitnehmen, oder in der jüngeren Vergangenheit erfolgreiche Akquisen bei der OeKB und OeNB. Wir freuen uns auf mehr! Wir freuen uns sehr darauf, wieder häufiger im wunderschönen Wien zu sein.

Fragen: Christian Drastil

Aus dem "Börse Social Magazine #60" - 1 Jahr, 12 Augaben, 77 Euro. Ca. 100 Seiten im Monat, ca. 1200 Seiten Print A4

(Der Input von Christian Drastil für den http://www.boerse-social.com/gabb vom 24.01.)



(24.01.2022)

#boersegeschichte: CEO Herbert Stepic und CFO Martin Grüll 2005 beim Börsegang der Raiffeisen International (zur Verfügung gestellt von Martin Grüll)


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Christian Drastil
Der Namensgeber des Blogs. Ich funktioniere nach dem Motto "Trial, Error & Learning". Mehrjährige Business Pläne passen einfach nicht zu mir. Zu schnell (ver)ändert sich die Welt, in der wir leben. Damit bin ich wohl nicht konzernkompatibel sondern lieber ein alter Jungunternehmer. Ein lupenreiner Digital Immigrant ohne auch nur einen Funken Programmier-Know-How, aber - wie manche sagen - vielleicht mit einem ausgeprägten Gespür für Geschäftsmodelle, die funktionieren. Der Versuch, Finanzmedien mit Sport, Musik und schrägen Ideen positiv aufzuladen, um Financial Literacy für ein grosses Publikum spannend zu machen, steht im Mittelpunkt. Diese Dinge sind mein Berufsleben und ich arbeite gerne. Der Blog soll u.a. zeigen, wie alles zusammenhängt und welches Bigger Picture angestrebt wird.
Christian Drastil

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