Icahn: „Wenn alle eine Aktie hassen, kaufen wir sie“ (Tim Schäfer)

Es ist ein erstaunliches Phänomen: Anleger haben keine Geduld mehr mit Aktien. Sie schichten ihr Depot häufiger um, als jemals zuvor. Das ist das Ergebnis einer Studie des Finanzdienstleisters MFS. Heute liegt eine Aktie noch 1,92 Jahre im Schnitt im Depot. Dann fliegt sie im hohen Bogen hinaus.

Noch kürzer ist heutzutage die Geduld von Portfoliomanagern, sie sagen schon nach 1,45 Jahren Ade. Zum Vergleich: Vor den 1970er Jahren schlummerten Aktien ein oder zwei Dekaden lang in den Portfolios. Damals befand sich die Börse überwiegend in der Hand von reichen Familien und Individuen.

Die MFS-Studie kommt zu dem Fazit: Langfristanleger haben bessere Chancen.

Hedgefonds-Guru Carl Icahn offenbarte in einem Interview sein Geheimnis. Der Börsenaltmeister verdient am meisten Geld, verriet er, wenn er Aktien für sieben bis neun Jahre hält. Aber eine viel wichtigere Frage ist doch, wie er die richtigen Aktien findet. Es handelt sich um ausgebombte, abgestürzte Aktien. Unternehmen, die von Skandalen, Problemen oder hohen Kosten heimgesucht werden, nimmt Icahn ins Visier. Er drückt es so aus:

„Du musst Aktien kaufen, wenn sie keiner haben möchte. Das ist das wahre Geheimnis. Es klingt sehr einfach. Es ist aber wirklich schwierig in die Tat umzusetzen. Wenn alle etwas hassen, dann kaufst Du es. Und dann, wenn jeder die Aktie haben möchte, verkaufst Du sie an sie. Genau das machen wir.“ 

Ein anderer Milliardär ist dem Kaufen und Liegenlassen ebenfalls gar nicht so abgeneigt, obwohl er ein Spekulant ist. Sein Name: Stan Druckenmiller. Er ist die ehemalige rechte Hand von George Soros. Druckenmiller rät jedenfalls Privatanlegern „Buy and Hold“ zu betreiben. Das sagt er ab Minute 23:51 in dem Interview (grob sinngemäß übersetzt):

„Es ist eine Zeitverschwendung zu versuchen, die Börse zu timen. 85 Prozent der Menschen sind schlechter als der Durchschnitt. Wenn Du glaubst, Du hast großartige Firmen und Du glaubst, etwas über sie zu wissen und sie wachsen, dann ist Buy and Hold eine gute Strategie. Die Alternative wäre Market Timing … Die Masse schneidet gewöhnlich damit schlecht an der Börse ab.“

Stanley Druckenmiller: Er war die rechte Hand von Hedgefondslegende George Soros. Druckenmiller verdiente in 30 Jahren im Schnitt 30% p.a. Aus 1.000 Euro wären so 2,6 Millionen Euro geworden. Er rät Privatanlegern grundsätzlich mehr Geduld zu haben und „Buy and Hold“ zu erwägen (Foto: Heidi Gutman/CNBC).

Goldman-Sachs-Vorstand Gary D. Cohn bringt es so auf den Punkt:

„Ich wünschte, wir hätten mehr Anreize für Langfristanleger. Wenn es darum geht, die Wirtschaft zum Wachsen zu bringen, brauchen wir Langfrist-Investments. Wir brauchen Kapital, das für längere Zeiträume investiert wird. Wir brauchen Kapital, das durch die Zyklen hinweg investiert ist. Diese Anleger zu belohnen ist wirklich in jedermanns Interesse.“

Conclusio: Qualitätsaktien zu kaufen, die an der Börse aus der Mode gekommen sind, scheint sich alles in allem auszuzahlen. Anders ausgedrückt: Qualitätsfirmen zu einem vernünftigen Preis (KGV) einzusammeln, wird sich langfristig rechnen. Im Grunde ist es das, was Warren Buffett macht. Dass sein Vorgehen überlegen ist, zeigt diese MFS-Studie. Haben Sie jedoch Geduld. Bleiben Sie mindestens eine Dekade an Bord.

Im Original hier erschienen: Icahn: „Wenn alle eine Aktie hassen, kaufen wir sie“



(06.11.2015)

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Tim Schäfer

Der Journalist Tim Schäfer pendelt seit dem Frühjahr 2006 zwischen New York und Deutschland. Wöchentlich berichtet er über die Geschehnisse an der Wall Street für Euro am Sonntag, eine der führenden deutschen Wirtschaftspublikationen. Darüber hinaus schreibt er für Magazine wie Der Aktionär oder die Börsenbriefe Prior Global und Prior Gold.

>> http://timschaefermedia.com


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