„Ja, der ATX sah auch extrem lässige Zeiten“ (mit Andreas Wölfl für das Fachheft)

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Wenn ich mit Andreas Wölfl, unserem Ex-CR beim Börse Express, auf Good ol’ times anproste, geht es auch um neue Wien-Favoriten. Und um Hedgefonds-Zertis.

Nur ca. einen Kilometer vom Fachheft-Office entfernt liegt das Headquarter der börsenotierten Schlumberger, doch viele Anknüpfungspunkte hat es in den vergangenen Jahren nicht gegeben, vom Börselisting der Tochter Gurktaler im Vorjahr vielleicht einmal abgesehen. Und wieder einmal war es ein Laufevent, der verbunden hat. Beim Sporthilfe Runtastic Charity Race wurde mit Schlumberger-Vorstand Wolfgang Spiller ein „Prost-Interview“ bei Schlumberger vereinbart, und vor allem war Schlumberger dann im Sommer-Fachheft Partner für die grosse börsliche Halbjahresbilanz. Sekt passt da einfach immer. Doch zuerst zum „ProstInterview“. Dieses führte ich (war ja auch BE-Herausgeber ca. 10 Jahre lang) mit meinem damlas on der Wiener Börse AG kommenden ehemaligen BE-Chefredakteur Andreas Wölfl; gemeinsam zeichneten wir mit Aktien wie betandwin.com für das Börse Express-Musterdepot verantwortlich. Dieses hatte 10.000 Euro Startkapital und kam in der Spitze auf bis zu 100.000 Euro. Der Wert pendelte sich dann bei 80.000 ein, im Aufund Abschwung viel stärker als der ATX.

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Andi, wir haben im Vorgespräch nochmal die Gschichtln über die extrem lässigen Zeiten im ATX aufgewärmt. Bringt dem Leser natürlich nicht viel; viel wichtiger: Wie siehst du den Wiener Markt aktuell? 

Andreas Wölfl: Österreich leidet unter einem Käuferstreik. Osteuropa-Euphorie gibt es nach den Problemen in den Emerging Markets nicht mehr, und entsprechend sehen die Bewertungen aus, gerade das bietet mittelfristig orientierten Anlegern aber Chancen. Zu Jahresende erwarte ich den ATX noch unverändert, bis Ende 2015 halte ich einen Test der 3000er-Marke für realistisch.


Ohne Comeback der beiden grossen Bankaktien wird das nicht gehen ...

Genau das ist das Problem, aber Erste Group und RBI sind gut positioniert, die Erste gefällt mir mit der Positionierung in stabilen europäischen Kernmärkten und dem PrivatkundenFokus. Die Nachteile liegen auf der Hand: Einerseits die nationalen Probleme wie die horrende Bankensteuer in Österreich, die an der Profitabilität nagt, dazu das Schreckgespenst Finanztransaktionssteuer. Ich schliesse nicht aus, dass dieser Unsinn in Österreich noch in dieser Legislaturperiode eingeführt wird und die Banken damit weiter belastet werden. Daneben befindet sich der gesamte Bankenmarkt auch international im Umbruch. Unternehmen wie Paypal zeigen vor, dass Near-Banks sehr erfolgreich ins Kernbankengeschäft wie den Zahlungsverkehr vorstossen können. ErfolgsStories wie wikifolio und der gesamte Verbriefungs/Zertifikate-Markt werden für traditionelles Asset Management eine Herausforderung, und sobald Crowdfunding-Plattformen einen rechtssicheren Rahmen bekommen, um Transaktionen bis z.B. fünf Mio. Euro zu vermitteln, wird auch das Monopol im Kreditgeschäft angegriffen. Flankiert wird der Wandel durch sehr strenge Bankenregulierungen und verschärfte Anforderungen an die Eigenmittelunterlegung – alles Massnahmen, die jedenfalls nicht geeignet sind, einen hohen Return on Equity zu erwirtschaften. Ich denke, dass Banken sich für lange Zeit darauf einstellen müssen, maximale Eigenkapitalrenditen von sechs bis zwölf Prozent zu erwirtschaften.

Deine Austro-Favoriten waren meist ausserhalb des ATX zu finden. Welche fünf Titel gefallen dir aktuell auf Sicht ein Jahr? 

Auch diesmal setze ich auf die zweite und dritte Reihe. Mir gefallen S Immo, Agrana, Lenzing, Flughafen und – allerdings nur mit Minivolumen, weil es eh so gut wie nichts zu kaufen gibt – Management Trust Holding.

Markus Graser (Schlumberger), Andreas Wölfl, Christian Drastil     >> Öffnen auf photaq.com

S Immo wird immer noch mit signifikanten Abschlägen auf den NAV gehandelt. Das Portfolio ist nicht nur qualitativ hochwertig, sondern auch noch konservativ bewertet. Ich habe das Gefühl, dass die S Immo-Aktie immer noch unter den Vorfällen rund um MEL und Immofinanz leidet – obwohl bei S Immo ja immer überkorrekt gearbeitet worden ist. Nachdem der Immobilienmarkt selbst Anleger anzieht wie ein Magnet, ist es aber nur logisch, dass auch eine qualitativ hochwertige Immo-Aktie wachgeküsst werden und sicherlich nicht langfristig unter dem Buchwert notieren wird.
Agrana führt ein Schattendasein; die Gesellschaft ist fundamental aber sehr stark positioniert. Das KGV ist niedrig und das KUV geradezu ein Witz. Ich bin überzeugt, dass wir die Aktie bald dreistellig sehen werden.
Lenzing hat unter dem Einbruch der Baumwoll-Preise gelitten. Die Aktie hat deutlich korrigiert. Zum aktuellen Niveau sind alle negativen Meldungen aber längst eingepreist. Es kann eigentlich nur noch aufwärts gehen. Lenzing hat auch die Kosten sehr gut unter Kontrolle, sodass selbst eine längere Phase niedriger Baumwollpreise durchtaucht werden kann. Einen Weltmarktführer zu solchen Ausverkaufspreisen gibt es jedenfalls nicht alle Tage. Ich sehe mehr als 20 Prozent Kurspotenzial.
• Die Flughafen-Aktie ist sicherlich eine Langfrist-Story. Letztlich handelt es sich beim Unternehmen um ein Monopol. Staatliche Beteiligungen an Unternehmen sehe ich zwar grundsätzlich negativ, beim Flughafen ist das aber ein grosser Vorteil. Während andere Standorte für den Transitverkehr mit Bürgerprotesten wegen Einflugschneisen ebenso zu kämpfen haben wie mit Nachtflugverboten, sorgt die Staatsbeteiligung am Vienna Airport dafür, dass das Management ungestört arbeiten kann. Da die Staatskassen obendrein leer sind, wird die Politik auch den Teufel tun und das Geschäft schwächen – die Dividenden des Flughafen sind eben eine sehr willkommene Budgetaufbesserung. Nachdem Skylink nun abgehakt werden kann, ist der Weg für die Aktie vollkommen frei – einen guten Teil des Weges hat das Papier schon hinter sich, aber der Weg nach oben wird weitergehen.
• Die Aktie der Management Trust Holding hat einfach niemand am Radar. Sie eignet sich auch nur für privates Engagement, weil kaum Stücke zu bekommen sind, der Umsatz
ist minimal. Ein Blick auf den Chart ist aber allemal lohnenswert. Vor zwanzig Jahren war der Titel noch höher bewertet als heute. In der Zwischenzeit – und insbesondere seit der Jahrtausendwende – hat Taus die Holding aber zu einem umsatzund ertragsstarken ‚Gemischtwarenladen‘ umgebaut. Nach objektiven Kriterien ist die Aktie ein Vielfaches ihres Börsenkurses wert.

Dein neues Unternehmen ist Argentarius. Was macht Argentarius?

Christian Drastil, Dagmar Rabensteiner und Schlumberger-Vorstand Wolfgang Spiller     >> Öffnen auf photaq.com

Bei Argentarius betreiben wir eine Private Label-Plattform für die Emission von Zertifikaten auf alternative Investments, also ‚Hedgefonds-Zertifikate‘. Da das Thema Emittentenrisiko zu Recht hohe Beachtung findet, emittieren wir die Zertifikate nicht selbst, sondern über Zweckgesellschaften nach dem Verbriefungsgesetz auf Malta sowie Luxemburg. Beide EUund Euro-Mitgliedsstaaten haben gemeinsam, dass sie eine eigene Lizenzform für Zertifikate-Emittenten kennen und für jede Zertifikate-Emission ein eigenes ‚Teilgesellschafts-Vermögen‘ gebildet werden kann – das wurde vom Fondsrecht, konkret vom Luxemburger SICAV, abgeschaut. Unsere Zertifikate-Emissionen geniessen daher den selben Insolvenzschutz wie SICAV-Fonds. Unsere Zertifikateemittenten sind über die jeweilige nationale Zentralbank bei der EZB registriert. Derzeit bieten wir zwei Börsenplätze an: Den Freiverkehr in Frankfurt, wo wir im Segment Hedgefonds-Zertifikate bereits Marktführer sind, sowie den European Wholesales Securities Market – eine EU-regulierte Börse für strukturierte Produkte, die als Joint Venture der irischen mit der maltäsischen Börse gegründet wurde. Die Aufsichtsbehörde hat uns hier erst vor Kurzem als Listing Agent genehmigt, sodass wir einen direkten Zugang zum Börsenlisting haben. Diese Börse ist für unsere langfristige Ausrichtung deswegen so wichtig, weil der ‚Zug‘ in Europa ganz klar zu den EU-regulierten Börsen, wo jede Zertifikate-Emission eine separate Prospektbilligung durch die Aufsichtsbehörde benötigt, geht. Viele Investoren – etwa UCITS-Fonds – dürfen nur dann in Hedgefonds-Zertifikate investieren, wenn diese an einer EU-regulierten Börse zugelassen sind. Bedenkt man, dass Hedgefonds – also alle alternativen Investmentfonds, unter die ja auch Immofonds fallen – als direktes Investment in einem Investmentfonds ausgeschlossen sind, bietet ein Zertifikat auf solche Fonds, das an einer EU-regulierten Börse gehandelt wird, die einzige Zugangsmöglichkeit für Fondsmanager zu dieser Assetklasse.

Aus dem Fachheft 22, im Fast Forward Modus hier bzw. zum Download.



(27.07.2014)











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Christian Drastil
Der Namensgeber des Blogs. Ich funktioniere nach dem Motto "Trial, Error & Learning". Mehrjährige Business Pläne passen einfach nicht zu mir. Zu schnell (ver)ändert sich die Welt, in der wir leben. Damit bin ich wohl nicht konzernkompatibel sondern lieber ein alter Jungunternehmer. Ein lupenreiner Digital Immigrant ohne auch nur einen Funken Programmier-Know-How, aber - wie manche sagen - vielleicht mit einem ausgeprägten Gespür für Geschäftsmodelle, die funktionieren. Der Versuch, Finanzmedien mit Sport, Musik und schrägen Ideen positiv aufzuladen, um Financial Literacy für ein grosses Publikum spannend zu machen, steht im Mittelpunkt. Diese Dinge sind mein Berufsleben und ich arbeite gerne. Der Blog soll u.a. zeigen, wie alles zusammenhängt und welches Bigger Picture angestrebt wird.
Christian Drastil

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