René Berger zur F1, Nuki, Up To Eleven, 2 Minuten 2 Millionen, Pioneers Festival und Börse (Christian Drastil)

René Berger, frisch gebackener Business Angel of the Year 2015, freut sich als Mercedes-Director mit Lewis Hamilton über die F1-WM. Im Daily Business steht ein digitaler Schlüssel im Zentrum.  (Das Fachheft 38 im Fast Forward Modus )
 
Lieber René, Gratulation zur Auszeichnung ‚Business Angel of the Year‘!
 
René Berger: Danke, zuerst war es eine grosse Überraschung. Denn eigentlich haben wir ja vor allem früher, in der Zeit von marchfifteen, so agiert, wie heute Business Angels agieren. Heute tun wir das noch sehr selektiv, machen ja viel spätere Phasen auch und dazu den grossen Schwerpunkt Motorsport. Das klassische Business-Angel-Geschäft gibt es jetzt in der Up to Eleven. Dass das so wahrgenommen wurde, hat mich überrascht, ich habe die Auszeichnung jedenfalls gern ent­gegengenommen..
 
Die Up to Eleven ist ja im Vorjahr als ­Euer Grazer Kompetenzzentrum für mobile Softwarelösungen gestartet worden. Wie lief die Suche nach innovativen Ideen aus der Region bisher?
 
Up to Eleven ist aus der sms.at entstanden, die wir 2012 von Buongiorno im Rahmen eines MBOs zurückgekauft haben. Mit den Cashflows aus der sms.at haben wir einen Company Builder aufgebaut, eben Up to Eleven. Wir haben einen klaren Fokus auf den Bereich Mobile, auf digitale Geschäftsmodelle. Es ist viel an Input, an Investitionsvorschlägen adressiert worden, aber nicht viel hat zu unseren Modellen gepasst. Daher haben wir uns entschlossen, vorerst eigene Dinge zu machen. Aber wir sind natürlich weiterhin sehr offen für Start-ups.
 
Bei marchfifteen gab es die Herleitung mit dem 1. registrierten Domainnamen in den USA, das war an einem 15.3.; Kolumbus kehrte am 15.3. von der Entdeckung der Neuen Welt zurück, Ihr habt am 15.3. marchfifteen als Firma eingetragen. Gibt es rund um Up to Eleven auch so eine schöne Geschichte?
 
Up to Eleven heisst, etwas voll aufdrehen. Es kommt aus einem Film, bei dem ein Gitarrist seinen Verstärker bis zum Anschlag, eben up to 11, dreht. Heute ist es gleichbedeutend damit, etwas bis zum Maximum zu machen, etwa, dass wir nicht um 17 Uhr aus dem Büro gehen, sondern um 11 am Abend auch noch am werkeln sind; wir arbeiten viel und gern und geben unser Maximum. 
 
Nun zu Eurem ‚eigenen Ding‘, Nuki , vorher Noki. Zwischen no-key und new-key steckt ja in beiden Herleitungen viel drin. Warum habt Ihr umbenannt? 
 
Nokia hatte uns den Namen Noki verboten. Sogar NoKey war ihnen zu nahe an Nokia. Und vor Gericht gehen mit sehr unsicheren Erfolgschancen? Das macht keinen Spass. Da konzentrieren wir uns lieber aufs Geschäft.
 
Und was wird der Schlüssel zum Nuki-Erfolg sein?
 
Nun, wir haben überlegt, was gibt es für interessante Geschäftsmodelle vor dem Hintergrund der Digitalisierung. Da ist z.B. der Bereich Immobilien und Wohnen spannend. Die Frage lautete: Was hätten wir selbst gern? Die Antwort: nicht so grosse Schlüsselbünde. Die Techniker von sms.at haben natürlich grosse Erfahrungen mit Mobile Devices. Mit der Kombi aus Bluetooth und GPS ermöglichen wir es, dass, wenn man in Zehn-Meter-Distanz zur Haustür kommt, die Tür aufgeht. Rein über das Handy. Oder man kann es übers Internet fernsteuern.
 
Und wenn das Handy gestohlen wird?
 
Dann kann der Dieb nur ins Haus, wenn er weiss, wo das ist, wie beim Schlüssel. Der Unterschied ist, dass man sofort sperren kann. Und schon ist das Handy kein Schlüssel mehr.
 
Oder wenn der Saft vom Handy aus ist …
 
Dann geht es übers Internet oder via Hotline; es gibt auch Bridge-Lösungen, diese können mittelfristig auch zu einer Art Haussteuerung werden. Man muss sich das z.B. mit Airbnb vorstellen, da muss jedes Mal physisch der Schlüssel getauscht werden vom Vermieter mit den Mietern. Mit der Nuki-App kann das z.B. nur für zwei Tage freigeschaltet werden. 
 
Wie weit ist das Produkt? 
 
Die Tests laufen, und wir sind knapp vor Start der Produktion.
 
An welche Märkte richtet Ihr Euch?
 
Wir haben auf kickstarter.de einige Erkenntnisse gewonnen, waren mit unserer Fundraising-Kampagne top im Hardwarebereich. Das Ziel waren 150.000 Euro, eingenommen haben wir 385.000 Euro, das ist auf Kickstarter als Vorverkauf zu verstehen. Deutschland, ­Österreich und die Schweiz sind klar die Hauptmärkte, das Produkt fokussiert auch auf Kontinentaleuropa, weil es z.B. in Amerika oder Asien ganz andere Schlösser gibt. Die Herausforderung war: Zwei Mal komplett drehen und Tür auf bzw. Tür zu.
 
--- ganz aktuell futurezone Award: Smart-Invention-Preis für Nuki - futurezone.at -----
 
Wie wichtig ist für Euer Geschäft ein funktionierender Exit-Kanal über die Börse?
 
Für die Beteiligungen, die wir jetzt halten, ist das derzeit kein Thema. Früher waren ja Börsengänge mit bis zu 50 Mio. Euro möglich, heute ist das nicht mehr sinnvoll. Es gibt heute selbst bei grossen gelisteten Unternehmen kaum mehr Liquidität im Sekundärmarkt. Zum einen gilt in Österreich alles, was mit Börse zu tun hat, als Spekulation, dann dürfen Versicherer kaum mehr investieren, und letztendlich hatten sich auch grosse Unternehmen, z.B. aus dem Immobiliensektor, klar an Retail gerichtet und dann massiv Schindluder betrieben. Die Namen sind bekannt, viel Vertrauen ist verspielt.
 
Der letzte wirkliche Skandal ist schon fünf Jahre oder mehr her, jetzt basht die Politik. Wirds nicht Zeit für einen Neubeginn?
 
Dass die Politik das Übel ist, glaub ich nur insofern, dass eben die Grundstimmung negativ ist. Der Österreicher ist konservativ, und eine Generation hat sich die Finger verbrannt. Ich bin da aber eh Optimist. Und weil ich Optimist bin und auch glaube, dass die Umsätze in Wien wieder zurückkommen werden, haben wir im Sommer in das Wiener Wertpapierhaus GBR investiert. Die betreuen ihre Kunden wirklich gut, haben als langjährige Wertpapierexperten intensiven persönlichen Kontakt und können damit bei jedem Marktumfeld Geld verdienen. Da gleichzeitig die Banken ihr Geschäft im Equity Sales reduzieren, geht eine Nische auf.
 
Hoffen wir, dass auch der grosse Kapitalmarkt wieder kommt. Das Pioneers Festival ist ja zum Main Event geworden …
 
International gibt es einiges in dieser Liga, natürlich in den USA; aber auch Frankreich oder UK – und erfreulich ist, dass auch das Pioneers Festival dazugehört, das dynamisiert die Szene. Das Ganze hat zwar mehr Event- als Investmentcharakter – der Spirit, der Flow, der wunderschöne Rahmen in der Hofburg sind aber wichtig für die Szene.
 
Ihr sagt ‚Up to Eleven‘, Mahrer sagt sogar ‚No Sleep till Gründerland No.1‘ …
 
Es ist sicher ein Claim, sicher ein Ziel. Susie Wolff sagt immer, wer sich nicht überlegt, wie er zu seinen Zielen kommt, der träumt nur. Es ist schon sinnvoll, einer Struktur, einem Unternehmen oder auch einer Gesellschaft so ein Ziel zu verpassen. Wahrscheinlich ist es nicht, dass wir es schaffen, Gründerland Nummer 1 zu werden, USA oder Israel sind da eine ganz andere Liga.
 
Und Deutschland? 
 
Berlin ist ganz stark, München im Kommen. Wenn bei uns eine gute Idee da ist, dann kann es passieren, dass ein Ausrollen nach Deutschland gar nicht mehr klappt, weil das dort jemand selbst macht, nachmachen ist ja nicht schwer.
 
Bei ‚2 Minuten, 2 Millionen‘ gibt es auch kurzweilige Unterhaltung ...
 
Genau. Das ist ebenfalls gut für den Markt, weil die Proponenten zu einer Art Star gehypt werden; jede Branche braucht solche Leute, um sich weiterentwickeln zu können. Als ich als einer von vielen gefragt wurde, sagte ich nein. Ich glaube, ich kann nicht in zwei Minuten entschieden, ob ich investieren will. Vieles klingt in zwei Minuten gut, aber man merkt erst später, dass vielleicht die Chemie mit den Gründern nicht passt oder das Geschäftsmodell Schwächen hat. Ich würde mich da im TV nicht committen wollen. Wenn das andere können, okay. Ich kann in zwei Minuten nur sagen, wo ich sicher nicht investieren würde. Solange niemand Schaden hat, sehe ich bei dem Format aber nur Vorteile. Es ist gut, dass das in die Mitte der Gesellschaft rückt. 
 
Kein Talk mit dir ohne die Formel 1, freilich. Euer Mercedes Team hat wieder abgeräumt. Eine kurze Bilanz, bitte.
 
Es war, beziehungsweise ist, wieder eine unfassbare Saison, die die 2014er-Saison mit dem ersten Weltmeistertitel noch einmal getoppt hat, unsere Dominanz war noch stärker. Unsere Fahrer haben gezeigt, dass sie beide würdige Weltmeister wären, einer davon ist es geworden. Ich persönlich habe mit dem Erfolg als Non-Executive-Director nicht unmittelbar zu tun, freue mich aber, ein Teil von diesem Team sein zu dürfen. 2016 wollen wir versuchen, an die Erfolge wieder anzuknüpfen!
 


(20.11.2015)

Christian Drastil, Rene Berger (Up to Eleven), (© Martina Draper/photaq)


Rene Berger (Up to Eleven), (© Martina Draper/photaq)


Mercedes : Lewis Hamilton, Toto Wolff (zur Verfügung gestellt von Rene Berger), (© Aussendung)


Sieger des Futurezone Awards 2015 : Futurezone Award 2015 : Nuki dabei, (© Aussendung)


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Christian Drastil
Der Namensgeber des Blogs. Ich funktioniere nach dem Motto "Trial, Error & Learning". Mehrjährige Business Pläne passen einfach nicht zu mir. Zu schnell (ver)ändert sich die Welt, in der wir leben. Damit bin ich wohl nicht konzernkompatibel sondern lieber ein alter Jungunternehmer. Ein lupenreiner Digital Immigrant ohne auch nur einen Funken Programmier-Know-How, aber - wie manche sagen - vielleicht mit einem ausgeprägten Gespür für Geschäftsmodelle, die funktionieren. Der Versuch, Finanzmedien mit Sport, Musik und schrägen Ideen positiv aufzuladen, um Financial Literacy für ein grosses Publikum spannend zu machen, steht im Mittelpunkt. Diese Dinge sind mein Berufsleben und ich arbeite gerne. Der Blog soll u.a. zeigen, wie alles zusammenhängt und welches Bigger Picture angestrebt wird.
Christian Drastil

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