Kostendruck innerhalb der Versorgerbranche - Energie macht kreativ (Wolfgang Matejka)

Willkommen im Land der unbegrenzten Einkommensmöglichkeiten! Wir machen in Energie, da geht alles (rein).

Normalerweise nicht meine Art über die persönlichen „Kleinigkeiten“ des alltäglichen Lebens zu schreiben, aber diesmal mache ich eine Ausnahme, denn mich traf beim Schmökern meiner Jahresstromabrechnung eine wirklich weitreichende Erkenntnis: die Energiewirtschaft ist weit kreativer als gedacht, man erlebt im Kleingedruckten Marketing vom Allerfeinsten und das nahezu unbemerkt.

Beim Lesen der Jahresabrechnung für den persönlichen Stromverbrauch offenbart sich die Entdeckung. Wir zahlen gar nicht mal für den Strom alleine, nein das wäre ja viel zu einfach, wir haben inzwischen zehn (ZEHN!) unterschiedliche Kostenbeiträge zu entrichten, die sich, und das ist ja geradezu diabolisch genial, untereinander auch mehrfach kombinieren lassen. Herrlich! Nur, um die Zweifler zu besänftigen es sind Folgende: Arbeitspreis, Entgelt für Messleistungen, Elektrizitätsabgabe, Gebrauchsabgabe, Grundpreis, KWK-Pauschale, Netznutzungsentgelt, Netzverlustentgelt, Ökostromförderbeiträge und Ökostrompauschale; Ein Mix aus vielerlei Allerlei, alles irgendwie berechtigt, schwer kontrollierbar und alles eh nur einmal im Jahr ausgedruckt und verschickt, weil sonst gäb‘s vielleicht sogar noch eine Portopauschale samt Druckerstromanteilskostenentgelt. Die Nöte der Versorgerindustrie waren selten so deutlich erkennbar wie heute. Wer sich solche Kosten zu definieren getraut, der muss schon recht wagemutig oder verzweifelt sein. Wohl beides ein wenig wahr. Die Angabe zum Erzeugungsmix freut dann die Ökologen und unsere Kinder, denn nur Wasser, Gas, Wind und Biomasse werden verwendet. Garantiert kein Atomstrom. Herrlich. Dafür kommt ein Teil halt aus Skandinavien. Dank der europäischen Stromnetze ein Klacks. Dafür zahlt man ja auch ein feines Netzverlustentgelt.

Wenn man sich diese ganze Verarbeitung des gestiegenen Kostendrucks innerhalb der Versorgerbranche ansieht, dann sollte man darüber nachdenken ob man in der Energieindustrie das Pferd nicht von der falschen Seit her aufzäumt. Nur weil es den Unternehmen nicht gelingt völlig widersinnige Regularien zu bekämpfen werden die noch stummen Kunden und Konsumenten trickreich zur Kasse gebeten. Sieht fast nach Notwehr aus, aber muss das sein? Wir liefern uns inzwischen in Europa ein Duell wer mehr Windparks installiert, mehr Solarpaneele auf den Dächern oder mehr Braunkohle (jawohl Braunkohle) zur Energiegewinnung nutzt. Was das kostet und was das bringt ist völlig egal. All dies wird vehement gefördert. Zahlen tun dies die Konsumenten. Sehen tun sie’s eh nur einmal im Jahr. Dass mittlerweile in Deutschland, dem wohl unbestritten sonnenreichsten Land Europas, so viel Photovoltaik installiert ist, dass an einem klaren Sommertag das ganze Land nichts anderes an Stromerzeugung braucht ist mittlerweile Fakt. Jetzt noch hoffen, dass in der Nacht Wind weht dann jubelt das grüne aber dank Ökosubventionitis verarmte Herz. Wenn nicht, brauchen wir aber leider wieder Atom, Kohle, Gas oder Wasser als Stromquelle. Nur die wird sich kein Erzeuger mehr leisten wollen, für die paar Stunden pro Tag. Na dann viel Spaß auf der Suche nach Energie um 10 Uhr Abends. Aber die wird schon von irgendeinem Braunkohlekraftwerk aus Europa kommen. Genau deswegen bauen wir ja gerade vehement die europäischen Netze aus, spannen über den Kontinent gewaltige 380kV-Leitungen die jedem Black Out lächelnd die heiße Schulter zeigen. Und diese Kosten finden wir diesmal nicht in unserer Rechnung wieder. Ein Lichtblick der aufatmen lässt. Haben wir Konsumenten endlich ein Schlupfloch gefunden?

Leider nein. Die stehen nämlich in den Geschäftsberichten der Netzbetreiber. Und diese Betreiber werden das Geschäft in Zukunft machen. Weil Energie hat im Netz, wie man es auch dreht und wendet, kein Mascherl.



(31.03.2015)

Das Gas- und Dampfturbinen(GuD)-Kraftwerk mit integrierter Kohlevergasungsanlage in Puertollano, Spanien, Siemens AG, (© Siemens AG (Homepage))


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Wolfgang Matejka

Über 30 Jahre einschlägige Erfahrung im Bankwesen, davon über 15 Jahre in Führungspositionen

  • seit 07/2013 Chief Investment Officer der Wiener Privatbank SE
  • seit 07/2010 Geschäftsführender Gesellschafter der Matejka & Partner Asset Management GmbH
  • 02/2010 - 07/2010 Geschäftsführer der Oscar Investment GmbH Wertpapierfirma
  • seit 10/2009 Geschäftsführer der Matejka Beteiligungs GmbH, Erwerb, Verwaltung, Entwicklung und Veräußerung einer Beteiligung
  • 09/ 2009-10/2009 Vorstand der Q1 Capital Management AG, Unabhängiges Multi-Manager-Investmenthaus mit Sitz in Wien
  • 06 / 2009-10/2010 GF Sparrow GmbH. (Einzelgesellschaft) – Geschäftsgegenstand: Erwerb, Verwaltung und Entwicklung von Beteiligungen
  • 04 / 2006: GF Julius Meinl Investment GmbH
  • 03 / 2004: CIO Meinl Bank AG
  • 05 / 2002: Vst. Bank Vontobel Österreich AG
  • 01 / 1999: GF Allianz Invest KapitalanlagegesmbH.
  • 07 / 1994: Investment & Trust Bank (nunm. Allianz Investment Bank AG)
  • 04 / 1990: Länderbank Capital Markets GmbH.
  • 10 / 1981: Österreichische Länderbank AG
  • Matura (Naturwissenschaftl. Realgymnasium), CEFA, div. Fachseminare

>> http://wolfgang-matejka.com


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