Warum gerade Post, Amag, Andritz, voestalpine, Erste, Immofinanz, Semperit, conwert, BWT und Telekom ? (Christian Drastil)

Im Cafe BE gab es den traditionellen Quartals-Termin mit den Österreich-Aktienexperten: Diesmal dabei: Wolfgang Matejka (Matejka & Partner Asset Management GmbH), Stefan Maxian (RCB), Günther Artner (Erste Group) und Alfred Reisenberger (Wiener Privatbank) .

Cafe BE: Der Termin mit den Österreich-Aktienexperten hat zu Quartalsbeginn im Cafe BE bereits Tradition. Herr Reisenberger, Sie nannten vor drei Monaten voest, Andritz und CA Immo als Ihre Favoriten für das Quartal. Bitte um kurze Kommentare zu diesem Trio bzw. die Frage, wie das neue Trio für das Schlussquartal aussieht ...

Alfred Reisenberger: Die drei Titel zählten im Q3 zu den vielen Verlierern, voestalpine hat es besonders stark erwischt. Die Gründe sind bekannt, es gibt ja keine Mikro-Gründe, warum nicht performt wurde, sondern rein Makro-Gründe. Zahlen, die die Schwäche erklären, gab es keine, aber Befürchtungen, mit denen man die Schwäche begründet. Andritz ist von der Bilanz her etwas besser als voestalpine, vom Management her sind Andritz und voestalpine ähnlich gut. Sie können sich erinnern: Ich war schon vor einem Quartal der einzige in dieser Runde, der gesagt hat, dass Wien nicht outperformen wird. Eine Outperformance sehe ich auch künftig nicht, dazu sind einfach viel zu viele Dinge passiert in Österreich. Es gibt leider nur noch eine oder zwei Handvoll Unternehmen, in die man investieren kann. Was sind nun meine drei Titel für das 4. Quartal? Es ist nicht leicht, man könnte zB jene Titel nehmen, die im 3. Quartal am meisten verloren haben. Auf jeden Fall zählt Andritz dazu, ich glaube auch, dass die Banken nicht so uninteressant sind, wenn man es Hardcore haben möchte. Die Erste Group ziehe ich der RBI vor, weil bei zweiterer die Gefahr einer Kapitalerhöhung grösser ist. Dazu vielleicht als defensivere Beimischung die Post. Also Andritz, Post und Erste Group.

Cafe BE: Im Q3 hatten Sie noch die CA Immo dabei. Vielleicht ein paar Worte zu den Immo-Aktien generell ...

Reisenberger: Was man gesehen hat, ist, dass der Abschlag zum Net Asset Value nach wie vor grösser als im Durchschnitt Europas ist, in der Schweiz gibt es beispielsweise sogar einen kleinen Aufschlag zum NAV. Wir haben jetzt eine Phase, in der fast alle Asset-Klassen gefallen sind, so halt auch die österreichischen Immo-Aktien. Eine Einschätzung, was das gesamthafte Bild betrifft, ist schwer. Das Spannende ist, dass sich jeder Tag anders gestaltet.

Cafe BE: Herr Artner, RHI, OMV und Immofinanz war Ihr Trio für das Q3. Bleibt es dabei?

Günther Artner: Die Immofinanz hat sich rein vom Fundamentalen her wie erwartet entwickelt. Der einzige Mikrofaktor sind die Wandlungen der 2011er-Wandelanleihen, die noch in dieser Woche auf den Kurs drücken. Aber Donnerstag ist dieser temporäre Effekt dann beendet.

Cafe BE: Donnerstag ist die Immofinanz auch bei Euch in Stegersbach zu Gast ...

Artner: Genau. Wobei die Wandlung bis Donnerstag geht, aber man die Auswirkungen an der Börse noch ein paar Tage länger sehen wird. Ich sehe hier aber eine einmalige Gelegenheit, bei der Immofinanz zuzuschlagen. Wir haben eben einen Immo-Report präsentiert. Die Immofinanz ist die Günstigste auf Buchwert-Basis, sie ist Günstigste auf Cash-flow-Basis, sie ist die Liquideste und noch dazu das am wenigsten verschuldete Unternehmen der Branche. Vielleicht gehen wir noch unter 2 Euro, da gibt es einige Knockout-Produkte mit 2 Euro Barriere. Unter 2 Euro ist eine super Gelegenheit in diesem Jahr. Ich nehme vorweg, dass die Immofinanz auch in meinem Q4-Trio bleiben wird. Bei der RHI hat der Managementwechsel belastet. Dort passiert das zu oft und das schmeckt nicht gut. Sonst hätte ich hier nichts Negatives gesehen, einzig vielleicht, dass die Spekulationen über ein Zusammengehen mit Magnesita zurückgegangen sind. Da hat sich gar nichts getan, man dachte erst, dass Struzl vielleicht ein CEO ist, unter dem das kommt. Aber der Baustart der RHI in Brasilien ist eher als feindseliger Akt gegen Magnesita zu werten. Die Zusammenschluss-Fantasie ist kurzfristig weg. Die RHI ist zwar nach wie vor ein Buy von uns, ich wechsle aber zur voest als Top-Pick. Die Aktie steht jetzt knapp über 20, in der Lehman-Krise ging sie unter 10. Wenn ich mir aber ansehe, wie in der Zwischenzeit die Verschuldung gesunken ist, dann sprechen wir da von 10 Euro je Aktie. Der Enterprise Value ist wieder dort, wo er im Tief war, man muss sich die Dividendenhöhe ansehen, da kann es in Richtung 4-5 Prozent Rendite gehen. Der Verschuldungsgrad ist zwar etwas höher als bei Andritz, aber ich wechsle zur voestalpine. Bei OMV stehen wir auch bei knapp über 20 Euro, unter Buchwert, bleibt auf Buy. Aber auch ich nehme einen etwas defensiveren Wert als dritten Titel dazu, die Post gefällt mir da durchaus, aber ich nehme Semperit, weil ich da ein bisschen mehr Kursupside und Wachstumskomponente habe.

Cafe BE: Das ATX-Ausscheiden ist kein Thema bei Semperit?

Artner: Das ist nicht wirklich das Thema, die Aktie war ja immer ein Wackelkandidat und wenn sie sich stabil entwickelt, ist sie vielleicht bald wieder im ATX, allzu viele Börsegänge wird es ja nicht geben.

Cafe BE: Also Immofinanz, voestalpine und Semperit. Vielleicht ein Satz zur Strabag, die Ihr zwischenzeitlich auf Buy hattet und die Euch im Salus Alpha AnalystAward sehr aussichtsreich positioniert hat ...

Artner: Die Strabag hat sich angeboten mit dem Aktienrückkauf, die haben das aggressiv gemacht. Das Verhalten war zwar nicht ganz wie angekündigt, weil man ja eigentlich bis Buchwert kaufen wollte, aber Strabag war der beste der grossen Titel im Q3 und hat auch den Sektor massiv outperformt. Jetzt ist die Luft dünner geworden, daher haben wir rückgestuft.

Cafe BE: Herr Maxian, Immofinanz und RHI hatten Sie im Q3 wie auch Günther Artner in der Auswahl, dazu die Semperit, die Herr Artner jetzt für das Q4 hat. Hat sich bei Ihnen was verändert bei den Favoriten?

Stefan Maxian: Die Semperit hat gut gehalten, vor allem in den vergangenen Wochen, wir hatten sie damals defensiv drinnen. Die Zahlen der Semperit waren passabel, das Management zeigt verstärktes Committment, was den Kapitalmarkt betrifft. Das wird der Aktie, glaube ich, ganz gut tun. Immofinanz war im Rahmen der Erwartungen, bei RHI gab es sehr gute Zahlen, der Wechsel im Management hat die Magnesita-Fantasie etwas eingedämmt, das sehe ich wie Günther Artner. Für das Q4 sind wir doch sehr vorsichtig, wir sehen nicht, warum der Markt drehen sollte. Die Immofinanz lasse ich auf Kauf, aber wir drehen auf conwert. Da gibt es Eigentümer, die an einem hohen Aktienkurs interessiert sind, und conwert ist etwas defensiver als Immofinanz. Die Aktie zeigt bei weitem nicht das, was österreichische und deutsche Wohnimmobilien zeigen, die Osteuropa-Komponente könnte ein kleines Problem sein. conwert hat einen deutlichen Abschlag zu den deutschen Peers, da geht es leider immer nun um die Vertrauensprobleme aus der Vergangenheit, das gilt nicht im Speziellen für die conwert, sondern für alle österreichischen Immo-Unternehmen. Als defensives Unternehmen gefällt uns auch klassisch die Post, die Quartalszahlen sollten aufgrund der jüngsten Tariferhöhungen im Mai recht gut ausfallen. Als drittes Unternehmen wähle ich die Amag. Das aufgrund der Tatsache, dass Aluminium recht gut gehalten hat, auch davor allerdings unter den Industriemetallen am wenigsten gewonnen hat. Kapazitäten wurden von den Aluminiumerzeugern bereits aus dem Markt herausgenommen, daher rechnen wir jetzt nicht mit einer negativen Reaktion. Die Aktie ist unter den Basic Materials ein defensiverer Wert, das 2. Quartal war hervorragend, mit Jahresende sollte das Unternehmen wie zB Andritz Netto-Cash-positiv sein, da gibt es weniger Spekulationen bezüglich Finanzierungen, Rollvorgängen oder so.

Cafe BE: Also conwert, Post und Amag.

Maxian: Genau.

Cafe BE: Herr Matejka, Sie waren vor einem Quartal nicht in dieser Runde dabei. Trotzdem die Bitte um einen Rückblick: Wer hat positiv bzw. wer hat negativ überrascht und abschliessend dann drei Tipps.

Wolfgang Matejka: Positiv überrascht hat mich trotz der schwachen Performance die voest. Und zwar aufgrund des Ausblicks und der Bestätigung der industriellen Auftragslage. Auch das Selbstbewusstsein der Aktiengesellschaft im Verhältnis zur 2008er-Krise hat überrascht. Auch viele anderen Gesellschaften sind jetzt deutlich offensiver, sie haben ihre Verbindlichkeiten reduziert und sind damit krisenresistenter, die Verantwortung im Management kommt jetzt stärker hervor. Wen möchte ich noch hervorheben? Die Andritz ist beeindruckend, das, was die Post aus sich gemacht hat, ist ein Ongoing Process, auch das ist beeindruckend, gefällt mir gut. Die Ergebnisse der Amag haben mir sehr gut gefallen, auch die Art und Weise wie sich der Konzern mittlerweile aufgestellt hat. Zwei, drei Fragezeichen bleiben freilich, aber das hat mit den Ergebnissen der Amag nicht viel zu tun. Die Immos enttäuschten weiter, auf den NAV fehlt noch viel, das Thema Vertrauen wurde bereits genannt. Bei den Banken kann man ebenso nicht viel Schlechtes finden, die haben angesichts der Probleme einen guten Job gemacht. Auch die Versicherungen waren okay, bei der Uniqa wurde noch das eine oder andere reingepackt. Es gibt wenig Erschreckendes und viel Bestätigendes. Trotzdem passte die Performance überhaupt nicht und jetzt könnte auch noch Osteuropa als risikoerhöhender Faktor für unseren Markt dazukommen.

Cafe BE: Und die drei Top-Tipps?

Matejka: Schade, dass die Amag schon genannt wurde, bei mir ist sie in der Fledermaus-Allocation, der BAT, dabei: BWT, Amag und Telekom Austria.

Cafe BE: Ist das offizielles Matejka-Wording oder ist Ihnen BAT jetzt im Laufe des Cafe BE eingefallen?

Matejka (lacht): Das BAT ist hier entstanden, die Titel habe ich mitgenommen. Bei der BWT hat sich in der Aktionärsschicht ein wenig verändert, vielleicht ergibt sich da was. BWT hat sich im Hintergrund mehr bewegt, als man nach aussen gesehen hat. Wasser als Rohstoff hat sowieso hohen Sexappeal. Wenn man sich die Mühe macht und die Wassertechnologie-Unternehmen-Historie an den Börsen ansieht, dann kommt man drauf, dass von 50 nur 10 an der Börse überlebt haben. Bei BWT gibt es auch den Eyecatcher mit der Brennstoffzelle, BWT-Chef Andreas Weißenbacher sammelt Patente, andere sammeln Oldtimer. Patente werden wichtiger, gerade bei diesen Bewertungen. Motorola ist ja auch nicht übernommen worden, weil sie Handys bauen können. BWT birgt viel Hidden Value in sich, ich hoffe, dass man da etwas sehen wird und das schon in naher Zukunft. Dann Amag: Die Alouette ist alleine so viel wert wie die ganze Amag an der Börse. Das sind Themen, die die Amag als breit aufgestellten Konzern erkennen lassen, der sogar leicht defensiv ist. Aluminium wird nie die Stahlrolle im Automobilsektor haben, aber zB im Rennsport tut sich viel, auch bei Amag. Über Namen spricht man nicht. Dazu kommt die gute Recycling-Technologie der Amag, man braucht wenig Energie und wenige CO2-Zertifikate. Die EBIT-Marge ist gut. Bleibt die Telekom Austria: Ich glaube, dass sich da auch wieder andere Themen etablieren werden, die den wahren Wert der Firma wieder in den Mittelpunkt rücken könnten. Die innere Profibilität der Company ist gut, es fehlen ein paar Schritte, aber da ist viel möglich.

Cafe BE: In der zweiten Runde möchte ich auf das Tagesgeschäft eingehen. Was steht im Q4 neben unserem Salus Alpha AnalystAward, der heuer am 5.12. stattfindet, sonst noch an? Ich beginne bei der Erste Group, da haben wir aktuell ja gerade Stegersbach laufen. Das Highlight des Quartals für die Analysten?
Artner: Stegersbach ist so, dass jeder aus dem Österreich-Team zumindest 2 – 3 Tage vor Ort ist. Ich selbst bin heuer erstmals nicht die ganze Woche dort, weil ich noch einen Abstecher zur Expo Real in München mache; wir präsentieren dort unseren neuen Immo-Report, der ja eingangs auch erwähnt wurde. In Stegersbach wird es heuer weniger Präsentationen geben, weil wir mehr auf One-on-Ones gehen. Im Vorjahr hatten wir 75 Unternehmen, das war fast zu viel für den One-on-One-Plan, heuer sind es bewusst ca. 20 Unternehmen weniger. Bei den Investoren haben wir 90, im Vorjahr 100. Einige grosse Teilnehmer aus Deutschland sind heuer nicht dabei, dafür neue Investoren aus Osteuropa, für die Stegersbach logistisch gut liegt. Auch Erste-Analysten und Salesleute aus anderen Ländern werden vor Ort sein. Ich finde dieses Get together mit den Unternehmen wichtig, es ist gut, wenn man auch mal an der Bar gemeinsam ein Bier trinkt und sich nicht nur auf Roadshows trifft. Weiters im 4. Quartal haben wir unser internes Analystenmeeting im Oktober, für das wir einmal im Jahr zusammenkommen. Dann kommt noch New York, das machen wir zum 7. Mal mit Auerbach Grayson.

Cafe BE: Wann findet New York heuer statt?

Artner: Das Wochenende zum 28. November, das ist gut nachgefragt. Und hoffen wir, dass das Schlussquartal wenigstens eine Spur besser läuft.

Alle: Wir sind froh, wenn dieses Jahr vorbei ist.

Cafe BE: Ist es so, dass in solchen Jahren die Bücher früher zugehen?

Reisenberger: Das ist ja ein willkürlicher Zeitpunkt.

Matejka: Das Problem ist schon, dass langfristige Investoren dann letztendlich doch nur auf den Bilanzstichtag schauen und plötzlich täglich traden oder aussteigen. Das ist ein Händlermarkt geworden ohne Ende. Man kauft hohe Futures-Mengen in Millisekunden, aber kauft man dann Aktien, zittert man sich mit Limit hin.

Cafe BE: Herr Reisenberger, die Wiener Privatbank hat ja vor wenigen Tagen bereits einiges verlautbart. Wenn man Ihren Namen googelt, so findet man natürlich viele Meinungen zu Aktiengesellschaften. Was wird man künftig von Alfred Reisenberger lesen bzw. hören?

Reisenberger: In der Wiener Privatbank gibt es ja einen sehr erfolgreichen Immobilien-Ast, eben durch die beiden Haupteigentümer Kerbler und Kowar. Die machen das, was sie gelernt haben, sehr gut.

Cafe BE: Eine neue conwert, wie man am Markt immer wieder bei fortgeschrittener Bierlaune murmelt?

Reisenberger: Nein, überhaupt nicht. Immobilien bleiben wichtig, aber eine neue conwert wird es nicht. Nun soll auch der kleine Bereich des Asset Managements wachsen, wir haben grosse Pläne, sehen das aber auch voller Demut, es gibt da schon Leute (Anm.: blickt anerkennend in Richtung Matejka), die viel erreicht haben, dort wollen wir hin. Es ist eine schwierige Zeit, aber wir haben auch bei Cheuvreux in einer schwierigen Zeit viel geschafft. Jetzt machen wir etwas Neues. Wenn es um das Geld fremder Leute geht, ist man demütig. Ich selbst habe heuer auch viel Geld an der Börse verloren, aber das sieht man relaxter. Im Fonds, in der Vermögenswaltung tut das sehr weh.

Cafe BE: Es soll ja auch Leute geben, die den Tipps von Analysten gefolgt sind oder folgen ... (alle lachen)

Reisenberger: Ich werde meine Vergangenheit nicht leugnen, werde den fundamentalen Ansatz – ich kenne die meisten Unternehmen sehr gut und habe für die meisten Unternehmen Modelle, die ich auch weiterführen werde – fortsetzen. Ich werde auch versuchen, die Unternehmen so oft wie möglich zu treffen, um daraus Ideen zu generieren. Das Problem ist, dass der Wiener Markt einfach zu klein wird. Unternehmen sind entweder einfach schlecht wie die Intercell und es gibt Skandale wie bei der Telekom, auch eine Amag hat sich vor dem IPO nicht mit Ruhm bekleckert. Wien ist für unsere Wachstumspläne zu klein, wir müssen uns regional verbreitern, auch wenn es aktuell nur zwei kleine Fonds gibt. Verbreitern aber nur in Bereichen, in denen wir uns heimisch fühlen. Niemand würde einen Spanien-Experten Alfred Reisenberger ernstnehmen. Was kommt an Produkten? Im Aktienbereich wollen wir etwas noch vor Weihnachten bringen.

Cafe BE: Die Wiener Privatbank ist ja selbst auch an der Wiener Börse notiert ...

Reisenberger: Und vielleicht sogar die beste Bankaktie.

Cafe BE: Gemeinsam mit der ...

Matejka: ... Oberbank.

Cafe BE: Nein, Spass beiseite. Ist etwas geplant mit der Börsepräsenz?

Reisenberger: Das ist Sache der Eigentümer, ich weiss da jetzt auch wirklich nicht Bescheid. Höchstwahrscheinlich kostet es jetzt mehr, als es bringt.

Cafe BE: Herr Maxian, was sind bei Euch die Termine im Q4?

Maxian: Wir sind dabei, zu überlegen, wie unser Universum für das nächste Jahr aussieht. Es ist jetzt noch zu früh, aber wenn man sich die Liquidität ansieht, so ist das natürlich alles andere als motivierend. Ausbauen werden wir eher nicht, am Grundkonzept wird sich aber wohl auch nichts ändern. Grossartige Sprünge sind vorerst nicht zu erwarten. Wir haben unser Team in Wien stabil gehalten, zwei Abgänge, zwei Zugänge. Das Committment zum Research bleibt bestehen. Zu den Terminen: Einige Roadshows, aber nichts Aussergewöhnliches, die Vorbereitungen für Zürs Anfang April 2012 gehen auch schön langsam los.

Cafe BE: Besuchen eigentlich die Analysten anderer Banken auch Eure Konferenzen? Sind diese zugelassen?

Maxian: Nein, das ist ja auch nicht die klassische Analystenveranstaltung.

Artner: Auch nicht für Journalisten, das hatten wir einmal gemacht, aber nicht wieder.

Cafe BE: Herr Matejka, was sind für Sie die Termine, auf die man nicht verzichten kann?

Matejka: Stegersbach und Zürs, weil das angesprochen wurde, das sind schon Musts, wobei sich die Charakteristik hier schon ein wenig unterscheidet. Stegersbach ist stärker die Arbeitskonferenz, Zürs ist von der Umgebung her mit mehr Erschöpfung verbunden. Die fachlichen Aktivitäten sind die gleichen, aber Wellness ist nicht gleich Skigebiet, wobei man deshalb nicht hinfährt, da täte es genug Einladungen ähnlicher Natur geben. Diese beiden Veranstaltungen würde ich als Muss bezeichnen, das Programm der Bank Austria in Kitzbühel schwänze ich seit Jahren, werde vielleicht deswegen nicht mehr eingeladen. In Summe gibt es weniger Veranstaltungen als früher, das wird aber mehr als ausgeglichen durch One-on-Ones. Die Perspektive bei den Analysten ist viel besser geworden, weil viel mehr Dialog besteht. Auch wir setzen darauf, zuletzt hatte ich sogar die Novartis bei mir. Das Bewusstsein ist gestiegen und ich nehme den volleren Terminkalender gerne in Kauf.

Cafe BE: Im Markt spricht man über eine grosse Veranstaltung der FMA mit ca. 500 Leuten, die Ende September stattgefunden hat. Waren Sie dabei?

Matejka: Ja.

Cafe BE: Über Faymann und Fekter wurde danach im Markt viel geplaudert ...

Matejka: Fekter war fachlich und inhaltlich sehr gut, die positive Überraschung. Sie ist auch motivierend und überzeugend umfassend rübergekommen. Sie hat ihre eigene Art, aber das war wirklich gut.

Cafe BE: Und Faymann?

Matejka: Gleich in der Früh; und im Anschluss gab es sehr zähen Applaus, wenn ich das so sagen darf.

Cafe BE: Gibt’s noch ein Anliegen?

Matejka: Was ein Thema werden könnte in Wien, ist auch das Sentiment gegenüber Asien und Brasilien, einzig bei der RHI spricht man über Brasilien. Da bin ich nicht sicher, ob jeder vorbereitet ist. In China spielt es sich schon ziemlich ab.

Cafe BE: Es gibt also auch noch Motive für prolongierte Wien-Schwäche.

Reisenberger: Was ist sagen möchte: Das Thema Zertifikate, das gehört verboten.

Cafe BE: Ich bin ja Zertifikate-Fan und eher ETF-kritisch nach den jüngsten Entwicklungen ...

Matejka: Ja, als Fondsanbieter muss man sich bis auf die Unterhose ausziehen, in anderen Bereichen geht viel durch.

Reisenberger: Das Short-Selling-Verbot bei Banken ist lächerlich, bei den Zertifikaten kümmert sich niemand.

Matejka: Die Zertifikate-Anbieter sind sehr intelligent, eine Finanztransaktionssteuer könnte die Produkte aber teurer machen, da sie aus vielen einzelnen Bestandteilen bestehen. Das Antizipieren von Knock-Out-Schwellen und deren Folgewirkungen ist ein Händleransatz, der mir nicht gefällt. Das Thema ETF sehe ich auch sehr kritisch.

Reisenberger: Mein Traum von Börse wäre Long/Short Aktien und vielleicht auch noch Absicherungen via Futures und Optionen.

Matejka: Die zweite Ableitung ist schon gefährlicher ...

Cafe BE: Gammabomben.

Maxian: Die letzte Abwärtsspirale 2008 haben viele Leute noch am gleichen Arbeitsplatz erlebt, da kann man nervös werden.

Artner: Dabei ist das rein von den Gewinnschätzungen her überhaupt nicht mit Lehman vergleichbar, das ist viel flacher. Viel ist da jetzt auf Verdacht.

Reisenberger: Henne/Ei.

Artner: Ein Wort noch zu Osteuropa, die waren ja vor drei Jahren kollektiv die Bad Guys, jetzt liegen sie im Vergleich gut.

Reisenberger: Osteuropa ist massiv überschätzt.

Matejka: Eine Zeitlang kamen aber 50 Prozent des ATX-Gewinns aus CEE.

Maxian: Ich glaube, man wird in ein paar Jahren nicht mehr von Osteuropa sprechen, das wird inhomogener wie auch in Westeuropa.

Artner: Genau. Polen und Tschechien sind in Wirklichkeit Stars, grosse und starke Märkte. Für die Wiener Börse schade ist, dass die Länder jetzt in ihrer Beschleunigsphase doch ein wenig erstickt werden. Das betrifft Erste, VIG, Immofinanz und viele mehr.

Matejka: Mir gefällt die Griechenland-Idee von Roland Berger. Das entschuldet die Griechen auf Basis ihrer eigenen Assets. Das ist doch viel gescheiter als der Haircut. Aber niemand redet ernsthaft darüber oder schreibt darüber.

Reisenberger: Mittlerweile gibt es ein Ressentiment der Amerikaner gegenüber Europa. Es ist ein Machtkampf geworden.

Matejka: Euro-Bashing.

Reisenberger: Die Amerikaner wollen, dass man Griechenland fallen lässt, die Europäer nicht.

Matejka: Das hat Fekter bei der FMA-Tagung auch gesagt ... „ned, dass Sie glauben, ich sag das nur da, das kriegt der Trichet genauso um die Ohren“.

Reisenberger: Die ist auch eine der wenigen, die in den internationalen Medien stets auf den Titelseiten ist.

Interview: Christian Drastil
Fotos: Martina Draper
http://www.boerse-express.com/cafebe


(05.10.2011)

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Christian Drastil
Der Namensgeber des Blogs. Ich funktioniere nach dem Motto "Trial, Error & Learning". Mehrjährige Business Pläne passen einfach nicht zu mir. Zu schnell (ver)ändert sich die Welt, in der wir leben. Damit bin ich wohl nicht konzernkompatibel sondern lieber ein alter Jungunternehmer. Ein lupenreiner Digital Immigrant ohne auch nur einen Funken Programmier-Know-How, aber - wie manche sagen - vielleicht mit einem ausgeprägten Gespür für Geschäftsmodelle, die funktionieren. Der Versuch, Finanzmedien mit Sport, Musik und schrägen Ideen positiv aufzuladen, um Financial Literacy für ein grosses Publikum spannend zu machen, steht im Mittelpunkt. Diese Dinge sind mein Berufsleben und ich arbeite gerne. Der Blog soll u.a. zeigen, wie alles zusammenhängt und welches Bigger Picture angestrebt wird.
Christian Drastil

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