Aufpassen: Fantasievolle Diskurse blühen auf, Volkswirte haben keine Benchmark oder Performancevorgabe (Wolfgang Matejka)

Die halbe Welt wünscht es sich. Das Allheilmittel gegen depressive Wirtschaften, Cash Flow arme Staatsfinanzen, fantasielose Notenbanken oder historisch festgefahrene Volkswirte: die Inflation sollte endlich einmal steigen.

Seit Jahren lesen wir vom Inflationskorridor der Notenbanken und über die mit einer Überschreitung dessen unterer Grenze von (zumeist) 2% erwarteten Segnungen des Wirtschaftsaufschwunges samt optimierter Steuerbarkeit dessen. Selbst auf die Gefahr hin, die eigene, persönliche Inflation als Maßstab für die Bewegung der Staatlichen zu nehmen und das Ausbleiben von deren Sprung über die 2% Marke frustriert zur Kenntnis zu nehmen, die öffentlichen Inflationserwartungen bleiben noch immer gedämpft.

Die Verfechter der berühmten „Phillips-Kurve“, also dem direkten Zusammenhang zwischen Arbeitslosigkeit und Inflation sind, nachdem sich dieser historisch so gefestigte Konnex zwischen sinkender Arbeitslosigkeit und steigender Inflation nicht und nicht einstellt, ohnehin bereits tief im Lager der Depressiven angekommen. Ganze Heerscharen von Volkswirten sind daher seit Monaten dem Übel auf der Spur das da im Verborgenen seine Kräfte ausspielt und die arme Inflation nicht und nicht ans Tageslicht der Wahrheit entlässt. Sie finden aber nichts, zumindest keiner traut sich zu sagen, er hätte nichts gefunden. Und daher übt sich jeder Berufene darin, zu erklären warum denn die Anstiege bei Energiekosten, Rohstoffen, Mieten und, ja genau, auch Löhnen ganz klar und logisch die Inflation heuer nicht wirklich zum Steigen bringen werden. Ziemlich fantasievolle Diskurse blühen da plötzlich auf. Aber für uns „Empfänger“ dieser Weisheiten gilt es aufzupassen. Volkswirte haben keine Benchmark oder Performancevorgabe. Könnte wichtig in der Beobachtung sein und uns Alle zu parallelem Verwenden des Hausverstandes zwingend anregen. Vielleicht um schmerzhafte Erkenntnisse im Nachhinein zu vermeiden.

Nun, wenn die aktuellen Parameter an der Preisfront (Energie, Löhne, etc. …) alle stimmen, dann ist es nur eine Frage der Zeit bis sich in einer Konjunktursituation wie der heutigen diese Preisanstiege durch die Wirtschaft arbeiten. Manche schneller, manche langsamer, aber am Ende wird das Inflation sein. Die passiert dann und greift umgehend in unsere Wirtschafts- und daher auch Börsenszenarien ein. Dann werden zuerst die Renditekurven heftiger diskutiert werden, dann sollten sich auch die Notenbanken wieder zu Wort melden (wetten, die verlängern ihre Beobachtungszeiträume um nur ja nicht den Griff aufs Rad der Zeit abgeben zu müssen), dann wird die Sektorallokation an die Aktienmärkte drängen, die Volatilität zieht nach langen Jahren wieder zuerst in die Renten- dann wieder Aktienmärkte ein und je nach Grad der Inflationsdynamik müssten sich auch Währungen anpassen. Es wird rund gehen, und das in den letzten Jahren so salbungsvoll erhoffte Manna aus dem Inflationshimmel wird für Viele ein wenig mehr Stress und Arbeit bedeuten, als zuvor erwartet.

Natürlich wird eine Normalisierung der Kapitalmarktrelationen allein deswegen nicht so schnell passieren, weil dies bedeuten würde, dass die Anleiherenditen sich auf ein Maß deutlich über der Inflation begeben müssten. Gerade das Gegenteil ist ja derzeit, dank der bisherigen Notenbankkäufe der Fall. Der Begriff „negative Realrendite“ wurde ja erst in den letzten Jahren für uns „normal“. Auch klar, dass zuerst die jeweiligen Staatsschulden durch die Inflationskur durch müssen und so einem gnädigen Schrumpfungsprozess folgen dürfen bevor sie wieder in die Freiheit kritischer Kapitalmärkte entlassen werden. Verjüngungskur dank (versteckter?) Inflation. Ob das nicht das wahre Ziel von Draghi und seinen Finanzministern war? Egal, unangenehm war es bis jetzt sicher Keinem von ihnen.

Was uns aber aufwecken sollte ist, die Phalanx an Inflationskandidaten aus der Preisecke, die allesamt bereits nach Oben tendieren.



(09.01.2018)

Griechen: "Hoffen" und "Glauben" statt "Rechnen"


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Wolfgang Matejka

Über 30 Jahre einschlägige Erfahrung im Bankwesen, davon über 15 Jahre in Führungspositionen

  • seit 07/2013 Chief Investment Officer der Wiener Privatbank SE
  • seit 07/2010 Geschäftsführender Gesellschafter der Matejka & Partner Asset Management GmbH
  • 02/2010 - 07/2010 Geschäftsführer der Oscar Investment GmbH Wertpapierfirma
  • seit 10/2009 Geschäftsführer der Matejka Beteiligungs GmbH, Erwerb, Verwaltung, Entwicklung und Veräußerung einer Beteiligung
  • 09/ 2009-10/2009 Vorstand der Q1 Capital Management AG, Unabhängiges Multi-Manager-Investmenthaus mit Sitz in Wien
  • 06 / 2009-10/2010 GF Sparrow GmbH. (Einzelgesellschaft) – Geschäftsgegenstand: Erwerb, Verwaltung und Entwicklung von Beteiligungen
  • 04 / 2006: GF Julius Meinl Investment GmbH
  • 03 / 2004: CIO Meinl Bank AG
  • 05 / 2002: Vst. Bank Vontobel Österreich AG
  • 01 / 1999: GF Allianz Invest KapitalanlagegesmbH.
  • 07 / 1994: Investment & Trust Bank (nunm. Allianz Investment Bank AG)
  • 04 / 1990: Länderbank Capital Markets GmbH.
  • 10 / 1981: Österreichische Länderbank AG
  • Matura (Naturwissenschaftl. Realgymnasium), CEFA, div. Fachseminare

>> http://wolfgang-matejka.com


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