23.10.2019, 2349 Zeichen
In einem Kommentar fasst Jim Leaviss, Head of Fixed Interest für die Publikumsfonds von M&G seine Einschätzung der Amtszeit von Mario Draghi, vor dessen letzter EZB-Sitzung am Donnerstag, zusammen. „An sein berühmtes "was auch immer nötig ist“ wird man sich zweifellos noch lange erinnern. Mario Draghi sagte den Finanzmärkten 2012, dass die Eurozone nicht kurz vor dem Zusammenbruch stehe. Außerdem machte er deutlich, dass die EZB die Banken und Staaten am Rande Europas retten würde.
Doch wie kam Draghi überhaupt dazu, trotz heftiger Opposition – insbesondere aus Ländern wie Deutschland – die quantitative Lockerung (QE) und andere außergewöhnliche geldpolitische Maßnahmen durchzusetzen?
Wenn wir uns die Krise in der Eurozone ansehen, dürfen wir nicht vergessen, dass die Euro-Währung damals erst etwas über zehn Jahre alt war. Die ersten beiden EZB-Präsidenten, Wim Duisenberg und Jean-Claude Trichet, hatten die Glaubwürdigkeit des Währungsraums etabliert. Allerdings machte die EZB unter Trichet den größten politischen Fehler ihrer jungen Geschichte, indem sie die Leitzinsen mitten in der globalen Finanzkrise erhöhte.
Als der Italiener Draghi die Führung übernahm, hatte er bereits die Probleme erlebt, die aus einer zu Zinserhöhungen neigenden Politik entstehen können. Ich gehe davon aus, dass der Währungsblock aufgelöst worden wäre, wenn die Euro-Krise kurz nach 1999 stattgefunden hätte. Trichets Misserfolge ließen Draghi also experimentieren. Und da es in den Ländern keine fiskalpolitische Koordinierung gab und überdies die Märkte verschwenderische Kreditnehmer bestraften, musste die Geldpolitik die wirtschaftliche Schwerstarbeit alleine leisten.
Die EZB und Draghi haben also die Eurozone gerettet, aber zu welchem Preis? Heute gibt es zu viele zombieähnliche Banken und Unternehmen in Europa, die an billiges Geld gewöhnt sind. Das wird das zukünftige Wachstum dämpfen. Und wir wissen auch, dass die Vorteile der QE-Politik begrenzt sind und die neue EZB-Präsidentin Christine Lagarde feststellen wird, dass mehr Anleihenkäufe nicht mehr so viel bewirken werden wie früher.
Aber die Geschichtsschreibung wird Mario Draghi gegenüber freundlich sein, denn als Politiker sich weigerten, die Eurozone durch fiskalische Umverteilung zu retten, tat er "alles, was nötig war". Es war nicht perfekt, aber es war das Beste, was wir hatten.“
Börsepeople im Podcast S12/12: Klaus Rainer Kirchhoff
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Jim Leaviss, M&G, Credit: M&G
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