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Verbund-CEO Anzengruber im Interview über Wachstumspotenzial, Aktie, Aktionärsstruktur etc.

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Verbund-Chef Wolfgang Anzengruber lieferte ein powervolles 1. Halbjahr ab. Im Magazine-Talk spricht er u.a. über Rahmenbedingungen, Netze, neue Technologien und das Streubesitz-Thema. 

Die Verbund-Aktie ist mit einem Plus von 37,5 Prozent Top-ATX-Wert im 1. Halbjahr. Wie groß ist die Freude, Herr Anzengruber?

Wolfgang Anzengruber: Natürlich freut es einen, wenn die Aktie steigt. Wobei wir natürlich sehr stark von Faktoren, wie beispielsweise Strompreisen oder Wasserführung abhängig sind. Nichtsdestotrotz nehmen die Investoren  zur Kenntnis, dass Verbund von seinem Portfolio her sehr gut aufgestellt ist. Man sieht, dass die Risiken, die in der Vergangenheit vielleicht da waren, nun bereinigt wurden und weiteres Wachstumspotenzial vorhanden ist. Verbund ist kerngesund, cashflowstark, ertragsstark, hat eine niedrige Verschuldung und eine erfolgreiche Strategie. Das wird honoriert, und das merkt man am Kurs.

Sie haben das Wachstumspotenzial angesprochen. Was sind aktuell die großen Themen bei Verbund?

Wir haben uns intensiv damit auseinandergesetzt, wohin die neue Welt gehen wird. Und da gibt es einige Punkte, die wir aktuell stark fokussieren. Das sind neben der verstärkten Produktion von erneuerbarer Energie, um die Dekarbonisierungsziele zu erreichen, auch die Themen Speicherkapazität, Flexibilität und Netze. Warum braucht man das jetzt? Erneuerbare Energien haben viele Vorteile, aber auch einen Nachteil, sie sind volatil, sprich abhängig von Sonne, Wind, Wasserführung  etc. Diese Tatsache führt dazu, dass wir auf der einen Seite Speicher brauchen um die erzeugte Energie zu speichern. Bisher waren über 90 Prozent der Speicher fossile Speicher, sprich Kohle, Gaslager oder Öllager. Im erneuerbaren Bereich gibt es nur Pumpspeicher-Werke. Hier wird über das Medium Wasser die Energie gespeichert. Deshalb werden wir andere Speichermedien brauchen, und das sind neben Batterie-Speichern auch Gase. Wasserstoff wird eine wesentliche Brücke sein, um diesen Speicherbedarf zu lösen, speziell grüner Wasserstoff, erzeugt aus Strom aus erneuerbaren Quellen.

Sie haben auch die Notwendigkeit von mehr Flexibilität erwähnt. Was ist in diesem Bereich wichtig?

Die Flexibilität in der Stromversorgung kann man nicht nur mit einer besseren Speicherkapazität erzeugen, sondern auch mit Intelligenz. Deshalb spielt das Thema Digitalisierung eine große Rolle. Im Optimalfall erreicht man durch die Kommunikation mit den Abnehmern, dass der Bedarf gut gesteuert werden kann. Mit den Bereichen Flexibilität und Speicher kommt eine große Dimension auf uns zu.

Kommen wir noch zu den Netzen.

Der Netzausbau ist ein wesentlicher Punkt. Wenn Europa perfekt vernetzt wäre, dann könnten wir die geografischen Unterschiede, die man in der Erzeugung von erneuerbarer Energie sieht, besser abgleichen oder schneller das Angebot mit dem Bedarf in Einklang bringen. Wir brauchen deutlich mehr Netze, als wir in der Vergangenheit gebraucht haben, weil die erneuerbare Energie dort gebaut wird, wo das Angebot stattfindet, also Windräder werden an den Küsten gebaut, dort sind aber nicht die Verbraucher. Das heißt, man muss das Netz ausbauen. Der Netzausbau wird uns die nächsten Jahre massiv beschäftigen, und zwar nicht nur auf der ÜbertragungsNetzseite, sondern auch auf der Verteiler-Netzseite. Zusätzliche Herausforderung ist die Sektorkoppelung. Alle übergeordneten Zielsetzungen kann man mit dem Stromsektor nicht alleine erreichen, es müssen auch andere Sektoren wie beispielsweise Mobilität oder Industrie mitziehen.  Verbund hat sich jedenfalls in all diesen Bereichen in den letzten Jahren verstärkt.

Wo sind die größten Herausforderungen bei der Umsetzung?

Als wesentliche Herausforderung sehe ich die Rahmenbedingungen. Hier ist der Gesetzgeber gefragt. Genehmigungsverfahren, etwa beim Bau von Leitungen oder Kraftwerken, dauern oft wesentlich länger als die vorgegebenen Fristen. Für die Sicherheit der Stromversorgung braucht es ausreichend Erzeugungskapazitäten, ein sicheres Übertragungsnetz und Energiespeicher. Aktuell müssen wir stabilisierende Maßnahmen setzen, wie zB Engpassmanagement, sonst wird es schwierig. 

Per 1.10. wird durch die Trennung der gemeinsamen Preiszone an der Grenze Österreich-Deutschland die Übertragungskapazität in etwa halbiert. Das ist ein rein politisch emotionaler Grund und hat Konsequenzen für Österreich. Man sieht an den Stromquotierungen derzeit einen Preisunterschied von 7 Prozent zwischen den beiden Ländern, was natürlich Konsequenzen für den Standort hat.

Mittelfristig wird auch eine Reform der Energiegesetzgebung und ein novelliertes Ökostrom-Gesetz mit marktwirtschaftlicher Orientierung notwendig sein. Das derzeitige Gesetz passt nicht mehr zu den aktuellen Entwicklungen am Energiemarkt. Das sind wesentliche Punkte.

Die neue Klima- und Energiestrategie gibt extrem ambitionierte Ziele vor, die technisch machbar sind, aber uns allen enorme Kraftanstrengungen abverlangen werden. So soll der österreichische Gesamtstromverbrauch bis 2030 bilanziell aus heimischen erneuerbaren Energien kommen. Dafür braucht es in den nächsten Jahren einen  Ausbau der erneuerbaren Energien im Ausmaß von rund 35 TWh. 

Sie setzen stark auf den Einsatz von neuen Technologien, Innovationen und Digitalisierung. Können Sie uns da einen Einblick gewähren?

Mit Smatrics sind wir beispielsweise im Bereich Elektro-Mobilität gut positioniert und vor Jahren schon als Early Mover in das Thema eingestiegen. Ein zweiter Zukunftsbereich ist, wie bereits erwähnt, das Thema Wasserstoff. Wir sehen ein enormes Potenzial in Power-to-Gas-Applikationen, und da ist Wasserstoff ein hochinteressantes Medium. Unser Flaggschiff-Projekt ist das H2-Future-Projekt gemeinsam mit voestalpine und Siemens. Wir bauen in Linz eine Pilotanlage zur Erzeugung von grünem Wasserstoff. Wir wollen aber noch viel mehr in dem Bereich unternehmen. Ein weiteres Zukunftsthema ist die Batterie-Speicherung, die wir jetzt schon in Pilotform zum Einsatz bringen und Erfahrungen gewinnen wollen, wie die Batterie als Technologie in den Flexibilitätsbedarf auch mitspielen kann. Da gibt es einige Projekte, die aber, wie gesagt, noch in der Pilotphase stecken.

Sind Akquisitionen ein Thema?

Wenn es Opportunitäten gibt, schauen wir uns das immer gerne an. Aber etwa im Bereich Wasserkraft gibt es kaum frei verfügbare Targets. Im Bereich der Speicher sind wir in einer Phase, wo das Thema Investitionen noch zu früh ist. Hier geht es, wie bereits erwähnt, zunächst um die Erfahrungssammlung anhand von Pilotprojekten. Im Bereich der erneuerbaren Energien, speziell im Wind-Bereich, haben wir ein Onshore-Portfolio von etwa 400 Megawatt in Deutschland, Österreich und Rumänien. Hier ist noch keine Entscheidung getroffen worden, ob wir stärker in den Bereich hineingehen. Im Photovoltaik-Bereich sehen wir großes Wachstum, aber der Markt ist sehr fragmentiert. Hier sind wir mit  unserem Joint Venture mit Solavolta führend in Österreich. Im Photovoltaik-Bereich sehen wir aber nicht die großen M&A-Ziele, sondern setzen auf einen forcierten organischen Ausbau. Aber wie gesagt, grundsätzlich sind wir offen für Opportunitäten. 

Kommen wir zum Schluss noch zu Ihrer Aktionärsstruktur. Der Verbund ist zu 51 Prozent in der Hand der Republik Österreich. Börse-Chef Christoph Boschan hat im Juni bei einer Pressekonferenz den Wunsch zu mehr Privatisierungen geäußert. Ihm schwebt ein Rückzug des Staates auf 25 Prozent plus 1 Aktie vor. Würden Sie das begrüßen?

Zunächst möchte ich betonen, dass ich sehr froh bin, dass das Unternehmen börsenotiert ist. Das tut uns allen gut. Das ist ein Fitnessprogramm für das Unternehmen. Bei uns ist die Republik mit 51 Prozent beteiligt. Das ist im Verfassungsgesetz verankert und es steht mir nicht zu, das zu kommentieren. Grundsätzlich gibt es aber Vor- und Nachteile: Unsere aktuelle Aktionärsstruktur verhindert beispielsweise, dass wir zum Spielball bei versuchten Übernahmen werden und gibt uns eine gewisse Basis. Natürlich würde eine weitere Privatisierung zu mehr Liquidität führen. Derzeit ist unser Streubesitz ja nicht sehr groß. Das hängt aber nicht an der Republik Österreich, sondern an den restlichen 49 Prozent. Denn hier halten EVN, Wien Energie oder die Tiwag interessante, große Anteile. Aus Börsensicht wäre ein höherer Streubesitz besser, aber die Situation, wie sie jetzt ist, hat uns in unserer Unternehmenstätigkeit noch nicht behindert. Von der Awareness der Aktie hätte es aber sicher positive Einflüsse.

Text: Christine Petzwinkler   Fotos: Verbund, diverse iPhones.

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