"Mark Zuckerberg hat eine gigantische Gelddruckmaschine geschaffen" - Alphabet und Facebook kaufenswert(Astrid Schuch)

Stefan Waldhauser ist Unternehmer und langfristig orientierter Investor. Mit dem Wort "Trader" hat er entsprechend wenig am Hut, auch wenn er auf wikifolio.com gleich zwei investierbare wikifolios betreut. Nach dem Vorbild des legendären Fondsmanagers Peter Lynch sucht er unterbewertete Aktien und bringt dabei seine Silicon Valley-Expertise ein. Im Gespräch verrät Waldhauser aka "stwBoerse", wie er im heiß gelaufenen Tech-Sektor noch attraktive Titel für das wikifolio "High-Tech Stock Picking" findet, warum er zwar ein Fan der Tesla -Fahrzeuge ist, aber trotzdem lieber in die heimische Automobilindustrie investiert und wie er sich auf volatile Zeiten und fallende Börsen vorbereitet, die da 2018 vielleicht kommen mögen. Viel Spaß beim Lesen! 

wikifolio.com: Herr Waldhauser, Sie sind bereits seit mehr als 3 Jahren als wikifolio-Trader aktiv. Was sind für Sie die Gründe, Ihre Handelsideen als wikifolio zu veröffentlichen?
Stefan Waldhauser: Ich möchte beweisen, dass man als aktiv handelnder Privatinvestor mit einer längerfristig orientierten Aktien-Anlagestrategie sehr erfolgreich sein und den Gesamtmarkt deutlich outperformen kann. Die wikifolio-Plattform ermöglicht es mir, für die Anleger meine Handelsidee genauso umzusetzen, wie ich das seit Jahrzehnten mit meinem eigenen Vermögen tue.

Wann haben Sie denn Ihre Affinität zur Börse entdeckt?
Das war vor 30 Jahren am Beginn meines Studiums der Wirtschaftsmathematik. Ein Professor beklagte damals, dass im Gegensatz zur Situation in den USA kaum ein deutscher Student praktische Erfahrungen an der Börse sammeln würde. Das hat mich motiviert, es mit kleinem Geld zu versuchen. Seitdem bin ich leidenschaftlicher Hobby-Börsianer – und seit 2017 nun Full-Time-Investor und unter anderem auf wikifolio als Trader aktiv. Allerdings verstehe ich mich grundsätzlich als Investor und nicht als Trader.

Sie führen derzeit zwei investierbare wikifolios. Das aktuell größere, gemessen am investierten Kapital, ist "High-Tech Stock Picking". Dabei handeln Sie ausschließlich Technologie-Titel. Warum gerade diese Branche?
Ich habe über 20 Jahre in der Software- und Internetbranche gearbeitet. Zunächst als Angestellter, dann habe ich meine eigene Softwarefirma aufgebaut, ins Silicon Valley verkauft und dort viel Zeit verbracht. Das heißt ich kenne viele Technologie-Titel recht gut und bringe in mein "High-Tech Stock Picking" wikifolio nun auch mein Branchenwissen ein.

Bei der Bewertung von Technologie-Titeln mit herkömmlichen Kennzahlen stößt man schnell an die Grenzen. So lässt das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV = der Kurs einer Aktie dividiert durch den für einen Vergleichszeitraum bestimmten oder erwarteten Gewinn je Aktie) oft keine adäquaten Schlüsse zu. Dreistellige KGV wie zum Beispiel im Falle von Amazon sind keine Seltenheit. Wie bewerten Sie die Titel? Worauf achten Sie dabei besonders?
Die meisten schnell wachsenden Technologieunternehmen kann man tatsächlich nicht mit den klassischen Kennzahlen bewerten, da ja oftmals noch gar kein Gewinn erzielt wird und somit die Berechnung eines KGV gar nicht möglich ist oder utopisch große Werte liefert. Wichtig für die Bewertung ist, dass der Unternehmenswert in einem vernünftigen Verhältnis zum Umsatz und dem Wachstum in den kommenden Jahren steht. Voraussetzung für ein Investment ist für mich grundsätzlich, dass ein gut skalierbares Geschäftsmodell mit hohen Rohertragsmargen vorhanden ist, das in Zukunft hohe Gewinne erst möglich macht. Ich versuche auch immer einzuschätzen, wieviel das Unternehmen im Falle einer Übernahme für einen strategischen Käufer wohl wert ist. Dabei hilft mir natürlich mein Verständnis der Tech-Branche. Nur, wenn ich eine deutliche Unterbewertung erkenne, investiere ich in eine Aktie – und zwar immer mit der Absicht, mich längerfristig an dem Unternehmen zu beteiligen.  

Wie teuer sind die Branchenriesen nun aber tatsächlich?
Das ist sehr unterschiedlich. Amazon ist für mich viel zu teuer, da das Geschäftsmodell nicht besonders gut skaliert. Das Unternehmen wird es wohl auch weiterhin schwer haben, das eindrucksvolle Umsatzwachstum in entsprechende Gewinne umzusetzen. Andere Branchenriesen wie Apple oder Microsoft sind vernünftiger bewertet, aber im langjährigen Vergleich auch überdurchschnittlich teuer. Kaufenswert sind für mich aktuell von den Tech-Riesen eigentlich nur die Google -Mutter Alphabet und Facebook .

Apropos Facebook: Die Aktie ist aktuell das Schwergewicht in "High-Tech Stock Picking". Welches Potential sehen Sie hier noch?
Der Facebook-Konzern hat mit WhatsApp, Instagram & Co. viel mehr als nur das soziale Netzwerk Facebook zu bieten. Mark Zuckerberg hat da wirklich eine gigantische Gelddruckmaschine geschaffen. Der Konzern wächst noch immer um mehr als 40 Prozent p.a. und von jedem zusätzlichen Dollar Umsatz bleibt ein Nettogewinn von 50 Cent. Und dabei kann man sich den Luxus leisten, zum Beispiel auf die Monetarisierung von WhatsApp noch immer zu verzichten. Ich gehe fest davon aus, dass der Facebook-Konzern in einigen Jahren nochmals deutlich mehr wert ist als heute.

Abseits davon halten Sie in dem wikifolio einige Aktien, die vielen Interessierten vielleicht weniger ein Begriff sind – wie etwa iRobot. Womit beschäftigt sich dieses Unternehmen?
iRobot ist der weltweit führende Hersteller von Haushaltsrobotern und hat im größten Markt USA einen Marktanteil von über 80 Prozent. Derzeit verkauft man mit riesigem Erfolg vor allem modernste Staubsauger, der Phantasie sind für die Zukunft aber kaum Grenzen gesetzt. Denn schon jetzt sammeln diese Geräte detaillierte Daten über ihre Umgebung, die zukünftig ganz neue Anwendungen im Bereich Smart Home ermöglichen werden.

Sollte es zu einer Korrektur der Tech-Aktien kommen, welche Möglichkeiten sehen Sie, gegenzusteuern?
Ich habe ehrlich gesagt schon das ganze Jahr 2017 über auf eine deutliche Korrektur der Tech-Aktien gewartet und daher fast durchgehend 30 bis 40 Prozent Cash in diesem wikifolio gehalten. Dadurch fühle ich mich bestens vorbereitet, um in einer Kursschwäche erstklassige Unternehmen dann preisgünstiger einkaufen zu können. Sehr gerne würde ich auch die Position an dem einen oder anderen Wert in meinem Portfolio noch weiter aufstocken, falls das nochmals zu einem günstigen Preis möglich sein sollte.

Seit Jahresbeginn hat das Zertifikat auf das wikifolio eine Performance von gut 30 Prozent gemacht. Sind Sie zufrieden mit dieser Entwicklung?
Grundsätzlich ist es mein langfristiges Ziel für "High-Tech Stock Picking" mindestens 5 Prozent mehr Rendite zu erzielen als ein vergleichbares passives Investment in den Nasdaq -Index. Das habe ich in 2017 sehr deutlich übertroffen, insofern bin ich mit meiner Aktienauswahl in diesem Jahr sehr zufrieden. 

Top-wikifolios von "stwBoerse"  

Ihr zweites wikifolio "Stock Picking nach Peter Lynch" verfolgt ebenfalls einen Value-Ansatz. Wie sieht der genau aus?
Auch hier suche ich – stark beeinflusst von der Strategie des legendären Fonds-Managers Peter Lynch – mit einem längerfristigen Anlagehorizont gezielt nach Unternehmen, die unterbewertet sind. Mit einem Fokus auf meinen Heimatmarkt Deutschland beteilige ich mich auch hier an Unternehmen, die meiner Meinung nach in einigen Jahren deutlich wertvoller sein werden als heute. Meiner Meinung nach vernünftig bewertete Wachstumsaktien kommen für das Portfolio genauso in Frage wie substanzstarke Unternehmen, die nach einer operativen Schwäche vor einer Neubewertung stehen.

Teil dieses wikifolios sind Barrick Gold und Wheaton Precious Metals. Orten Sie etwa ein Goldpreis-Comeback?
Ich spekuliere nicht direkt auf die Entwicklung des Goldpreises. Aber diese Edelmetallwerte verhalten sich meist antizyklisch zum Gesamtmarkt und sollen Stabilität ins wikifolio bringen, wenn es an der Börse mal wieder abwärts geht. Das ist meine ganz eigene Version des Hedging sozusagen. In der letzten längeren Konsolidierungsphase in 2016 ist mir das sehr gut gelungen. Ein Großteil der deutlichen Outperformance dieses wikifolios gegenüber den deutschen Aktienindizes in den vergangenen 2 Jahren ist der stabilen Entwicklung in Abwärtsbewegungen zu verdanken.  


christian-scheid


"trallalalalal."
wikifolio-Trader Stefan Waldhauser aka "stwBoerse"

 

Daneben setzen Sie auf die Premium-Autobauer BMW und Porsche . Ist der Diesel-Skandal endgültig abgehakt?
Es kann durchaus sein, dass es auch in den kommenden Jahren insbesondere bei der VW-Beteiligung von Porsche nochmals Milliarden-Belastungen durch den Diesel-Skandal geben wird. Aber das kann der Konzern durch die starken operativen Cashflows locker wegstecken. Die Reaktion der Börse auf den Skandal war übertrieben und hatte VW und damit auch die Porsche-Holding ja zwischenzeitlich wie Pleitekandidaten bewertet. Ich bin optimistisch, dass die deutsche Automobilindustrie die Wandlung der Branche in Richtung Elektromobilität und autonomes Fahren gut hinbekommen wird. Insofern bin ich zwar ein Fan der Tesla-Fahrzeuge, investiere mein Geld aber nicht in die überteuerte Tesla-Aktie, sondern in die heimische Automobilindustrie. 

Was war für Sie persönlich das Highlight des Jahres 2017?
Ich durfte 2017 meinen 50. Geburtstag mit einer beruflichen Veränderung feiern und bin seitdem nun Fulltime-Investor und leidenschaftlicher Finanzblogger (www.high-tech-investing.de). Ich habe also mein langjähriges Hobby zum Beruf gemacht. Ein echtes persönliches Highlight. An der Börse war ein Höhepunkt des Jahres für mich die herausragende Entwicklung der kanadischen E-Commerce-Aktie Shopify. Das Unternehmen ist von einem deutschen Auswanderer gegründet worden und es sieht ganz danach aus als könne es – während viele nur über Amazon reden – einen guten Teil dazu beitragen, den Einzelhandel weltweit zu transformieren.

Was wünschen Sie sich von den Börsen für 2018? Und womit rechnen Sie?
Ich wünsche uns allen, dass der von vielen erwartete Börsencrash ausbleibt und die doch teilweise überbewerteten Gesamtmärkte stattdessen durch eine längere Seitwärtsbewegung korrigieren. Aber ich rechne mit sehr volatilen Märkten, eventuell werden diese auch beeinflusst durch Hiobsbotschaften aus der Weltpolitik. In jedem Fall werde ich recht vorsichtig agieren, denn ich will auf fallende Kurse zumindest vorbereitet sein.

Abschließend noch eine persönliche Frage: Welches war Ihre härteste Lektion, die Sie am Markt erfahren mussten?
Ich habe im Zuge der Finanzkrise 2008/2009 und noch heftiger in der Rezession nach den Terroranschlägen ab 2001 erlebt, dass Aktienkurse tiefer fallen können als wir uns das heute in guten Börsenzeiten vorstellen können. Diese Krisen am Finanzmarkt sind riesige Chancen für antizyklisch handelnde Anleger, aber man muss mental lernen, mit zwischenzeitlichen Verlusten umgehen zu können. Dabei hilft, wenn man sich als Unternehmer begreift, jede Aktie im Portfolio wie eine echte Unternehmensbeteiligung sieht und entsprechend handelt.  

Welches Buch können Sie anderen Tradern oder Anlegern empfehlen?
Ein perfektes Einsteigerbuch für längerfristig orientierte Anleger ist "Der Börse einen Schritt voraus" von Peter Lynch. Dieser zeitlose Klassiker hat auch nach fast 30 Jahren nichts an Wert und Aktualität verloren. Es gibt sogar eine Neuauflage anno 2017 – das perfekte Weihnachtsgeschenk für jeden Hobby-Börsianer.  

Herr Waldhauser, danke für das Gespräch.

 

Alle investierbaren wikifolios von Stefan Waldhauser aka "stwBoerse":


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Im Original hier erschienen: "Mark Zuckerberg hat eine gigantische Gelddruckmaschine geschaffen"



(04.12.2017)

Börse Social Magazine, Finanz und Wirstschaft, Capital, Forbes Magazine, Zuckerberg - Zeitungskiosk, (© photaq.com)


Börse Social Magazine, Finanz und Wirstschaft, Capital, Forbes Magazine, Zuckerberg - Zeitungskiosk, (© photaq.com)


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Astrid Schuch

Chief Editor wikifolio.com

>> https://www.wikifolio.com/de/de/blog/autor/astrid-schuch


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