DAX Jahresausblick 2017 - Happy new Year? (Gastautor, Marc Schmidt)

Im Dezember gaben die Käufer im DAX noch einmal richtig Gas. Bleibt zu hoffen, dass das Kartenhaus in 2017 nicht wieder in sich zusammenfällt.

Mit dem neuen Jahr bricht auch die Zeit der neuen Jahresausblicke an. Gestern eröffnete Bastian Galuschka an dieser Stelle den Reigen (DAX-Charttechnischer Jahresausblick 2017 ) und auch meine Gedanken zum DAX in 2017 werden wohl nicht die letzten sein.

Das vergangene Jahr war aus Sicht von Investoren sicherlich kein leichtes. Schwache erste Monate mit einem Tief von 8.699 Punkten belasteten die Bilanz und der DAX hatte lange daran zu knabbern. Auch im Sommer waren die Verluste noch nicht ausgemerzt, aber immerhin versuchten die Bullen es. Der Bereich um 9.325 Punkte etablierte sich als Unterstützung und bereitete den Boden für die ab Juli folgende Kaufwelle. Im Nachhinein präsentiert sich diese unauffällig, war im Livehandel aber ebenfalls nicht einfach. Immerhin pendelten die Kurse ab August vier Monate in einer engen Range seitwärts und wäre da nicht der starke Dezember gewesen, wäre dem DAX auch der Sprung in die Jahresgewinnzone nicht geglückt. Am Ende aber ging der DAX mit 11.481,06 Punkten aus dem Handel und gewann damit 6,87 % gegenüber dem Schlusskurs in 2015.

Zusammenfassend war das vergangene Jahr eher von schadensbegrenzenden Bewegungen denn einem schönen Bullenmarkt geprägt. Nicht zu vergessen sind natürlich auch die ganzen politischen Entscheidungen, die es zu verdauen gab. Diese Tendenz dürfte sich zumindest teilweise auch in 2017 fortsetzen. Es stehen einige Landtagswahlen aber auch die Wahl zum Bundestag an. Darüber hinaus werden auch in 2017 die Inflations-/Zinsentwicklung, die QE-Programme und die allgemeine Entwicklung Europas federführend sein. Weder in Griechenland noch in Italien sind die Probleme gelöst. Allein vor diesem Hintergrund bekommen neue Allzeithochs im DAX oberhalb von 12.390 Punkten schon einen faden Beigeschmack und erwecken den Eindruck, dass diese eher das Ergebnis finanzpolitischer Entwicklungen denn echter wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit sind. Hier wäre jedoch das fundamentale Lager gefordert, die Sache genauer unter die Lupe zu nehmen.

Die angesprochenen Unwägbarkeiten ließen sich aber durchaus auch charttechnisch unterfüttern. Ja, der seit 2009 bestehende Aufwärtstrend hat zunächst gehalten und die Bullen haben bei 9.325 – 8.354 Punkten nicht nur eine breite, sondern auch starke Unterstützung auf ihrer Seite. Hinzu kommen die gute Jahresendrally und der damit verbundene Ausbruchsversuch über 11.430 Punkte. Beides sieht bisher relativ gut aus und suggeriert die Chance auf einen neuen Aufwärtstrend. Mit diesem stünde in 2017 klar das Jahreshoch bei 12.390 Punkten im Fokus, oberhalb dessen es weiter auf 13.000 / 14.000 und 15.000 Punkte gehen könnte. Der DAX wäre auf Allzeithoch und so bleiben abgesehen von der oberen Trendkanalbegrenzung, die aber erst bei ca. 16.500 Punkten zu finden ist, nur diese runden Marken zur Orientierung.

Aber wie geschrieben, gibt es auch eine zu den angesprochenen Unwägbarkeiten passende Alternative. In dieser entwickelt sich der Ausbruch über 11.430 Punkte noch als Fehlsignal. Dass der DAX bereits jenseits von 11.600 Punkten notierte, stellt dabei kein Problem dar. In diesem Fall muss mit einem neuerlichen Eintauchen in die Range des letzten Jahres zurück bis zur zentralen Unterstützung bei 9.325/8.354 Punkten gerechnet werden. Aus Sicht der Bullen bliebe die Hoffnung, dass es dabei bleibt und der DAX lediglich in einer Konsolidierungsphase steckt. Das wäre für 2017 zwar nicht das aus Anlegersicht erwünschte Verlaufsszenario, aber dieses ist immer noch besser als ein Bärenmarkt. Und ein solcher würde sich auf der großen Ebene erst unterhalb von 8.354 Punkten zeigen.

Zusammenfassend sehe ich die Lage im DAX für 2017 lediglich verhalten optimistisch. Ja, der DAX konnte 11.430 Punkte temporär überwinden, aber wie nachhaltig dieser Ausbruch ist, wird sich erst noch zeigen müssen. Vor diesem Hintergrund kommt gerade den ersten Wochen/Monaten eine wichtige Bedeutung zu. Die Käufer müssen dran bleiben und gerade in der aktuellen Phase Stärke beweisen. Gelingt dies, sind neue Allzeithochs wahrscheinlich nicht weit. Ein Zögern und Taktieren um 11.430 Punkte hingegen hält auch die Bären im Spiel.

Abrunden möchte ich den Ausblick mit einem kleinen statistischen Part. Immerhin spricht die langfristige Wahrscheinlichkeit mit etwas mehr als 70 % dafür, im DAX ein positives Jahr zu erzielen. Der Durchschnittliche Gewinn betrug 981 Punkte im Falle eines positiven Jahres. Kam es hingegen zu einem Verlustjahr, lag das Minus bei durchschnittlich 1.242 Punkten. Ausgehend vom Schlusskurs 2016 ergibt sich damit für den Schlusskurs in diesem Jahr ein potentielles Bullenziel bei 12.462 Punkten oder im negativen Fall von 10.239. Innerhalb des Jahres können diese Werte natürlich teils deutlich über/unterschritten werden und ebenfalls klar dürfte sein, dass es sich bei diesen Zielen um Näherungswerte auf Basis statistischer Durchschnitte handelt.

Ein Beitrag von Rene Bertreit
Technischer Analyst und Tradingcoach bei Godmode Trader

Bildquelle: dieboersenblogger.de



(04.01.2017)

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Marc Schmidt

Die Börsenblogger ist das einfache und direkte Sprachrohr von Journalisten und deren Kollegen, die teils schon mit jahrzehntelanger Arbeits- und Börsenerfahrung aufwarten können. Auch als professionelle Marktteilnehmer. Letztlich sind wir alle Börsenfans. Aber wir vertreten in diesem Blog auch eine ganz simple Philosophie: Wir wollen unabhängig von irgendwelchen Analysten, Bankexperten oder Gurus schreiben, was wir zum aktuellen (Börsen-)Geschehen denken, was uns beschäftigt. Das kommt Ihnen, dem Leser, zu Gute.

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