Bonitätsanleihen-Verbot: BaFin öffnet Büchse der Pandora (Christian W. Röhl)

Die BaFin will erstmals von ihrer negativen Gestaltungsmacht Gebrauch machen und ein Anlageprodukt komplett verbieten. Treffen soll der Bann der Finanzaufsicht die sog. „Bonitätsanleihen“ – von Banken begebene Anleihen, die nur verzinst und zurückgezahlt werden, solange ein bestimmter „Referenzschuldner“ (in aller Regel Großkonzerne wie Daimler, Siemens oder Nokia) nicht pleite geht. Unabhängig davon, dass man über den (Un-)Sinn dieser Produkte trefflich streiten kann, steht damit fest:

Erstens: Ohne Aktien kann Otto Normalanleger kaum noch Rendite erzielen – während der Gesetzgeber parallel alles tut, um den Zugang zur Börse zu erschweren und Aktien sowohl steuerlich als auch ideologisch zu diskriminieren.

Zweitens: Den „mündigen Konsumenten“ gibt es nicht mehr, genauso wenig wie den Grundsatz „Eigentum verpflichtet“ (auch dazu, sich um sein Vermögen zu kümmern). Stattdessen trifft der Staat eine Vorauswahl, wo man wie investieren darf und soll – und zwar völlig unabhängig von den finanziellen Verhältnissen und der finanziellen Bildung des Einzelnen.

Koks, Pumpguns, Finanzprodukte: Alles eine Schublade

Fraglich nur, wie die Sache weitergeht – jetzt, da die Büchse der Pandora offen ist und Finanzprodukte sich plötzlich in derselben Schublade wiederfinden wie Koks, Pinguinsteak oder Pumpguns. Werden demnächst vielleicht die unsäglichen Mittelstandsanleihen verboten, mit denen Anleger inzwischen Milliarden verloren haben (während es bei den Bonitätsanleihen im gesamten letzten Jahrzehnt kaum Ausfälle gab)? Und wie steht’s um die hippen Crowdfundings, mit denen putzige Start-ups über hochkomplexe Nachrang-Darlehen ganz ohne Prospekt von Kleinsparern Geld einsammeln, das bisweilen schon nach Monaten verbrannt ist?

Bundesanleihen: Noch schlimmer als Bonitätsanleihen

Und vor allem: Was passiert mit Wertpapieren, bei denen Anleger selbst im besten Fall nur Geld verlieren können? Etwa jene Anleihe, die im Juni mit einer Laufzeit von zehn Jahren und einer anfänglichen „Rendite“ von minus 0,05% platziert wurde – gehört so etwas nicht zuallererst verboten?

Ach nee, halt… Emittent ist ja der Staat selbst, der obendrein die Nachfrage nach derlei aberwitzigen Investments schafft. Schließlich sind Versicherungen und Pensionskassen aufsichtsrechtlich gezwungen, einen Großteil ihres Deckungskapitals in Staatsanleihen zu stecken – egal, wie miserabel die Konditionen sind.

Aber irgendwann wird es die Quittung dafür geben: Was den Versicherten heute bei den Erträgen flöten geht, kommt später in Form von Altersarmut zurück. Insofern geht es beim Verbot von Bonitätsanleihen nicht um ein paar belanglose Bankprodukte – sondern um finanzielle Souveränität.

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(06.09.2016)

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Christian W. Röhl
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