Diese Pixel-Kiwi wäre was für die Wiener Börse (von Christian Drastil)   

Das Wiener Unternehmen KiwiSecurity ist Austro-Beitrag zu einer Branche, in der gerade Multi-Million-M&As laufen. Die Gründer Florian Matusek, Stephan Sutor, und Klemens Kraus im Fachheft-Talk über Video, Privacy, Government, US-Rollout, CSI und James Bond. (Bilderset zum Interview: Interview KiwiSecurity , Infos zum Fachheft 42 Das Fachheft 42 im Fast Forward Modus )

KiwiSecurity gibts ja schon länger. Seit wann genau? Wie ich gelesen habe, erfolgte der Start ja gleich mit einem mächtigen Kunden …
Genau. Es gibt uns seit 2008 als Firma, wir kamen stark aus der Forschung heraus, die wir seit 2006 betrieben haben. Und der erste grössere Auftrag, ja das war der Flughafen Wien, es ging um Security-Dinge rund um den Skylink-Bau. Geheimhaltung natürlich, aber das stand schon in der Zeitung. Der Auftrag war Bestätigung und Motivation.
 
Was genau macht Ihr? 
Wir sind führender Hersteller von Videoanalyse- und Videoleitstellensoftware, welche Videoüberwachung in ein proaktives Werkzeug wandelt. Durch eine intelligente Auswertung relevanter Bildinformationen wird Videoüberwachung erstmals automatisiert. Es ist unsere Mission, Software zu entwickeln, die präziseste Detektionsergebnisse bei gleichzeitiger Eliminierung von Fehlalarmen erreicht.
 
Das ‚Security‘ ist klar, aber wie kommt man auf ‚Kiwi‘ bei einem nicht-grünen Firmenlogo?
(Lachen) Kiwi steht für ‚Key Information ­with Intelligence‘, also Schlüsselinformation aus dem Video extrahieren. Aber natürlich kann man, wenn man damals mit der ersten Generation iPods gearbeitet hat, auch sagen, dass wir eine Frucht wollten, und Apple war ja schon vergeben.
 
Mit Thomas Streimelweger habt Ihr einen weitgehend bekannten CEO; zu ihm komme ich noch später. Wie sind die Managementpositionen sonst verteilt? Wie die Anteile?
So wie wir hier sitzen als Gründerteam: Stephan Sutor ist COO, Florian Matusek CPO mit P für Projects und Klemens Kraus CTO. Wir halten jeweils ca. 17 Prozent, also die Mehrheit nach wie vor bei den Gründern, die red-stars, com data AG und zwei weitere Investoren besitzen die restlichen Anteile.
 
Bitte um Beispiele für den Softwareeinsatz; am Eingang hab ich ja schon was gesehen.
Wir programmieren Software, die Vidoeo­überwachung intelligent macht. Kunden sind beispielsweise Flughäfen, Justizanstalten, Kasernen und somit überwiegend im Hochsicherheitsbereich angesiedelt. Im Echteinsatz kann man sich das z.B. so vorstellen: Leute, die über Mauern klettern, oder Autos, die in falsche Richtungen fahren, werden automatisch erkannt, und die Info wird in Form eines Alarms an das Sicherheitspersonal weitergeleitet. Oder auch im Handel: Unser Queue Detector analysiert z.B. automatisch die ­Warteschlangen und Bereiche zur frühzeitigen ­Erkennung von Staubildung. Also dort, wo Warteschlangen entstehen und das Analyseergebnis dafür eingesetzt werden kann, vermehrtes Kundenaufkommen frühzeitig zu erkennen und Staus aufzulösen. Smart City, Safe City, das sind große Themen. Unser Alleinstellungsmerkmal ist der Schutz der Privatsphäre.
 
Wie kann ich mir das vorstellen? So wie am Eingang?
Ja, die Person wird automatisch und sicher verpixelt. Zum Einsatz kommt die Anwendung im öffentlichen Bereich oder auch in Unternehmen, in denen Mitarbeiter auf Arbeitsplätzen gefilmt werden. Für jede Situation können die Blockgröße sowie die ideale Verpixelungsmethode ausgewählt werden. Überwachte Personen können z.B. einfärbig verpixelt werden, dann kann niemand mehr erkannt werden.
 
Und wenn jemand im Verdacht steht, den silbernen Löffel geklaut zu haben, wird der entpixelt? Ist ja unabhängig von bösen Absichten nicht so lässig, überwacht zu werden …
Wissen wir. Unser Privacy Protector wurde jedoch als bisher einziges Produkt für Videoüberwachung mit dem European Privacy Seal ausgezeichnet. Das ist ein Gütesiegel, welches IT-basierte Produkte auf Kompatibilität mit der Europäischen Datenschutzrichtlinie sowie auf besonderes Herausragen hinsichtlich des Schutzes der Privatsphäre prüft. Zudem ist immer das Vieraugenprinzip zur Entschlüsselung des unverpixelten Videos gegeben, z.B. durch den Sicherheitschef und den Betriebsrat – ausschließlich im Anlassfall. Dadurch ist die Lösung auch in größeren Firmen durchsetzbar, ohne dass es Probleme gibt.
 
Werden wir jetzt gefilmt?
Nein, nur am Eingang.
 
Aus welchen Regionen kommen Eure Kunden?
Viele aus der D-A-CH-Region und den USA, aber auch z.B. aus Vietnam, Turkmenistan oder Kenia. Wir haben im Juli 2015 eine US-Tochter gegründet, die den US-Markt mit vier Mitarbeitern betreut; in den USA befindet sich auch die Hälfte des weltweiten Überwachungsmarkts. Viele Installationen gehen remote von Österreich aus, wir müssen nicht immer vor Ort sein.
 
Und wie bekommt Ihr die Visibilität für Aufträge?
Wir liefern meist einen kleinen, aber wichtigen Baustein in vielseitigen Systemen, ein Technologiepartner bringt uns meist mit ins Paket: Kamerahersteller, Storage-Spezialisten. Wir vertreiben nur indirekt über System­integratoren.
 
Und was macht ein CEO Thomas Streimelweger in der Kiwi?
Wir sind Techniker – wenngleich wir markt­orientiert denken, sind wir keine Betriebswirte. Er bringt viel Erfahrung ein, auch in der Expansion, das ist wichtig. Wir haben täglich Kontakt und sehen uns mehrmals die Woche.
 
Umsatzgrössen, Gewinnsituation?
Wir sind positiv, wollen aber keine Grössenordnung nennen. 2015 haben wir viel inves­tiert. Momentan fokussieren wir auf den US- Markt und eventuell auch eine strategische Partnerschaft mit einem sehr viel größeren Unternehmen. Mehrere OEM-Verträge sind in Verhandlung.
 
Sind weitere Finanzierungsrunden ­geplant? Vielleicht sogar ein Schritt an den Kapitalmarkt?
Da gibt es verschiedenste Möglichkeiten. Der Plan ist, dass wir uns selbst finanzieren können. Für die Börse ist es jetzt viel zu früh, aber langfristig schließen wir das nicht aus. Es ist ein globales, hochskalierbares, reines Softwaregeschäft. Das spezielle Know-how und unsere Patente sind auch für Strategen interessant.
 
Seht Ihr Euch noch als Start-up?
Nein, das hören wir nicht gern. Mittlerweile sind wir ein etablierter Marktteilnehmer, im oberen Qualitätssegment.
 
Wer ist der Mitbewerb?
Regional unterschiedlich, eine Firma aus ­Israel, eine andere aus Australien, es ist aber relativ überschaubar. Vor acht Jahren waren viele da, damals wurde viel Venture Capital verbraten, overpromised und nicht eingehalten. Die meisten aus der Zeit sind inzwischen wieder weg. Große Unternehmen hatten auch Pläne, das selbst zu machen, es aber doch wieder aufgegeben, weil die Qualitätsstufen nur schwer erreichbar sind.
 
Wäre es für Euch auch denkbar, dass ein Konzern einsteigt?
Realistisch ist dann aufgrund der Größe gleich eine Übernahme, auch weil wir damit die Konkurrenz ausschließen würden. Vor wenigen Wochen hat Honeywell Xtralis für 480 Mio. Dollar übernommen, ADT geht mit Protection 1 zusammen. Canon hat auch viel gekauft in der Branche. Es tut sich extrem viel zu spannenden Bewertungen.
 
Die Risiken für Kiwi?
Man muss liefern, man darf nicht overpromisen. Wir bekommen auch Anfragen rein von Unternehmen, die zu viel CSI und James Bond geschaut haben, aber vieles ist produkttechnisch noch nicht drin. Das ist das größte Risiko, andere sind manchmal gescheitert. Wir mussten noch kein Projekt zurückbauen.
 
Und ganz aktuell: Government, Grenzsicherung?
Heisses Thema ohne Worte. Government ist bei uns traditionell wichtig, sowohl Blaulicht als auch militärisch, im ­Inland und im Ausland.


(28.03.2016)

KiwiSecurity Verpixelung, (© Martina Draper/photaq)


Florian Matusek, Stephan Sutor, Klemens Kraus, (© Martina Draper/photaq)


Christian Drastil, Florian Matusek, Stephan Sutor, Klemens Kraus, (© Martina Draper/photaq)


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Christian Drastil
Der Namensgeber des Blogs. Ich funktioniere nach dem Motto "Trial, Error & Learning". Mehrjährige Business Pläne passen einfach nicht zu mir. Zu schnell (ver)ändert sich die Welt, in der wir leben. Damit bin ich wohl nicht konzernkompatibel sondern lieber ein alter Jungunternehmer. Ein lupenreiner Digital Immigrant ohne auch nur einen Funken Programmier-Know-How, aber - wie manche sagen - vielleicht mit einem ausgeprägten Gespür für Geschäftsmodelle, die funktionieren. Der Versuch, Finanzmedien mit Sport, Musik und schrägen Ideen positiv aufzuladen, um Financial Literacy für ein grosses Publikum spannend zu machen, steht im Mittelpunkt. Diese Dinge sind mein Berufsleben und ich arbeite gerne. Der Blog soll u.a. zeigen, wie alles zusammenhängt und welches Bigger Picture angestrebt wird.
Christian Drastil

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