Buwog-CEO Riedl läutet die Opening Bell für weitere Upgrades der Börsepräsenz #openingbell (Christian Drastil)   

Buwog-CEO Daniel Riedl war vor 15 Monaten der letzte Österreicher, der zu einer erfolgreichen Erstnotiz die Opening Bell schwingen durfte. Er ist damit logischer Einläuter einer neuen Börseära. Siehe Opening Bell: Für Wien brauchst a G’spür, und die Läutsaison wird die Börse in neue Kreise bringen. Da lass’ i ned locker! (Christian Drastil) . Zum Auftakt habeich ihn für das Fachheft interviewt.

Herr Riedl, seit Ende April 2014 ist die Buwog börsenotiert, Sie persönlich waren vorher jahrelang im Vorstand der Immofinanz bereits mit Kapitalmarktaufgaben betraut. Was hat sich als CEO verändert?

Daniel Riedl: Zwei wesentliche Dinge. Zum einen ist das Thema Kapitalmarktbetreuung in der Letztverantwortung bei mir, das heißt unter anderem: Intensive Reisetätigkeit, sich mit Investoren auseinandersetzen, das Feedback der Investoren beachten. Als COO der Immofinanz war ich für meinen Bereich zuständig, als CEO darf man sich für den Gesamtladen rechtfertigen. Das gehört auch dazu, wenn man von den Investoren Kapital zur Verfügung gestellt bekommen will. Da muss man Fragen beantworten.

Sie wurden freundlich aufgenommen an der Börse. Im Vorjahr war die Buwog Nr. 5-Performer im ATX, man ist ja schon im September, nach wenigen Monaten also, in den Leitindex gekommen. Auch heuer sind Sie wieder die Nr. 5. Wie sind Sie mit der Entwicklung der Aktie, auch unter Berücksichtigung von Umfeld und Peers, zufrieden?

Mit der Anfangsphase waren wir sehr zufrieden, die Banken hatten irgendwas zwischen 9 und 11 Euro in Aussicht gestellt für die ­Buwog. Das war uns – und mit ‚uns‘ meine ich Eduard Zehetner und mich – deutlich zu niedrig. Der Erstkurs lag dann bei 13 Euro, wir waren zwischenzeitlich über 20 Euro. Dieses Tempo hat uns überrascht. Dass es nicht nachhaltig über 20 geworden sind, hängt jetzt mit der Weltwirtschaftssituation zusammen. Die Welt ist unglaublich vernetzt und es gibt unterschiedlichste Auswirkungen. Der kurze Rücksetzer unter 18 Euro war verkraftbar. Unter dem Strich kann man zufrieden sein, auch wenn wir nach Höherem streben.

Sie sehen also noch Luft nach oben beim Aktienkurs?

Absolut. Die Analysten haben uns im Schnitt bei 21 Euro, einige Peers werden in Deutschland mit deutlichen Aufschlägen zum NAV gehandelt, da ist Luft nach oben, auch ein Blick auf unsere Profitabilität bestätigt das. Wir sind erst am Beginn der Abarbeitung unserer Pipeline aus der Projektentwicklung.

Vor wenigen Tagen hat eine große Umplatzierung durch die Immofinanz stattgefunden. Ich fand das marktschonend abgewickelt. Zufrieden mit der Transaktion?

Ich finde es positiv, dass die Immofinanz ihre Ankündigungen wahrmacht und ihre Anteile reduziert. Dieser Vorgang wurde angekündigt und in die Tat umgesetzt, glaubwürdig und gut. Ich fand auch die Preisdisziplin stark, zum Schlusskurs ohne Abschlag, das war schon wichtig für uns. Hut ab. Unser Interesse ist ja nicht, gedumpt zu werden. Da ging es mit Wandlungen und Verkäufen ja immerhin um 10 Prozent des Grundkapitals. Ich sehe diese 10 Prozent mehr Streubesitz auf mittlerweile 61 Prozent sehr positiv. Denn wo ich noch Aufholpotenzial orte, das ist der Börsenumsatz. Wir bräuchten mehr Handelsvolumen, da ist der höhere Streubesitz jetzt super. Das wird uns Zugang zu neuen Investoren bringen, die einfach hochliquide Papiere suchen. Unterm Strich: Gut gemacht, es erschließt uns neue Investoren, die höhere Mindestinvestments unterbringen wollen.

Wieder ein wenig Statistik von mir: Auch indextechnisch kann man glaube ich zufrieden sein. Sie sind Nr. 9 in der ATX-Beobachtungsliste beim Umsatz, ein Ziel nach oben kann ja mittelfristig der 5. Rang sein. Ist der ATX-Five ein Thema?

Natürlich, das hängt aber auch von der Immofinanz ab mit den weiteren Aktien, aber ­logisch, wir wollen weiter nach oben kommen – nicht um das Rankings willen, sondern um mehr Liquidität in der Aktie zu sehen.

Aus welchen Regionen kommen Ihre institutionellen Investoren, welche Typen sind das vom Stil her?

Als großer Schwerpunkt London, dazu immer stärker Amsterdam und Den Haag, in Holland sind es Spezialisten, in London eher Generalisten bis hin zu Hedge Fonds, die auch Überbrückungsfunktionen durchführen, Aktien kurzfristig aufnehmen. Weiters Boston mit Fidelity und anderen Instituten. Die Investoren ticken sehr unterschiedlich, Mal ist es Long Only, dann wieder mehr von der Makroebene oder sehr zahlenaffin. Dann wieder Experten, die z.B. über die Vororte von Hamburg diskutieren, die gibt es sogar in Boston. Das macht es spannend. Da ist jede Roadshow anders, immer wieder Q&A, man kann aufklären, das Geschäftsmodell positionieren und dazu ist es natürlich Challenge für einen selbst.

Und die Privatanleger? Da gab‘s ja auch ­einen großen 2-Tages-Event in Wien …

Für uns extrem wichtig, das hat mit dem Erbe aus der Immofinanz zu tun, wir haben ja die Aktionärsstruktur der Immofinanz hineingespiegelt bekommen. Wir sehen, dass uns auch die Privaten recht treu sind. Zusammengefasst hat bei uns Kapitalmarktbetreuung oberste Priorität, gemeinsam mit der Unternehmensentwicklung. Ich mache 15 bis 20 internationale Roadshowtage selbst.

Sie haben eben in Warschau einen Preis von PwC für die Börsenotiz gewonnen, Deloitte und wir durften das Unternehmen schon für Wien mit dem Number One Award auszeichnen. Dazu natürlich Frankfurt. Bitte um ein paar Worte zu den drei Handelsplätzen.

Ursprünglich war uns Frankfurt am wichtigsten, das ist ehrlicherweise auch nach wie vor so. Warum? Wir wollten uns von Anfang an dort positionieren, wo wir vom NAV her hingehören: Vonovia, also früher Deutsche Annington und Gagfah, dazu Deutsche Wohnen, Adler Real Estate, Grand City, TAG. Der Umsatz spielt sich aber in Wien ab, Aufmerksamkeit, Bewertung und Visibilität in Frankfurt, Warschau wiederum war wichtig, damit polnische Investoren die Aktien aus dem Spin-off nicht auf den Markt werfen müssen. Wir haben gute Kontakte in Warschau und auch mit polnischen Investoren in Zürs oder Stegersbach, aber auch die Umsätze von polnischen
Pensionsfonds sieht man meist in Wien.

Wird Buwog zum Listing-Sammler und geht vielleicht auch noch nach Amsterdam?

(lacht). Nein, ich will mich nicht unter die Lis­ting-Sammler mischen. Um Investoren anzusprechen, brauchen wir kein Listing im Land, die Holländer kaufen über Wien. Permanent überlegen wir jedoch, wo wir die Investorenbasis erweitern können. Niederländische Investoren sind tough und eine Challenge.

FFO fällt als neue Top-Kennzahl der Branche in Aussendungen auf …

Ja, das ist die wesentlichste Kennzahl, weil cashorientiert. Bei IFRS kommen ja sehr viele bewertungstechnische Fragen hinein. Marktzinsenänderungen spielen sofort einen große Rolle, auch wenn wir unsere Finanzierungsstruktur mittlerweile extrem langfristig gestaltet haben, hypothekarisch mit 2,12 Prozent Fixverzinsung. Am Ende sind wir gern gemäß FFO die Cash Driven Guys, Money in Pocket. Da verarbeiten wir das operative Geschäft. Für uns ist auch der Recurring FFO wichtig, der die unterschiedlichen Marktbedingungen in Österreich und Deutschland zeigt. In Deutschland haben wir 7,3 Prozent Mietrendite, in Österreich 4,4. In Österreich lukrieren wir aber zusätzlich hohe Margen aus den Wohnungsverkäufen; diese werden wir in den nächsten 30 Jahren haben, da geht es um 550 bis 600 Wohnungen pro Jahr, das zählt zum Recurring FFO und ist wesentlicher Bestandteil. Wer das Gesamtbild sehen will, muss das dazurechnen. Das war natürlich jener Teil vom Geschäftsmodell, der am schwierigsten zu erklären war; vor allem, dass das nicht nur ein Einmaleffekt ist. Wir sind zum Glück in unserer noch nicht allzu langen Börsenära bereits aus der Promise- in die Deliver-Phase gekommen.

Und 15 Monate nach der Börsenotiz sind Sie der Erste mit unserer Opening Bell, Sie waren auch der bislang letzte Österreicher, der die Opening Bell am Primärmarkt geläutet hatte und damit passt das perfekt. Was sind die nächsten Herausforderungen im Sekundärmarkt?

Weitere Immofinanz-gehaltene Aktien in den Markt, Liquidität erhöhen, neue Investoren. Dazu der Fokus auf das operative Geschäft. Die Performance im Unternehmen passt, wir haben auch eine dritte Säule mit substanzieller Projektentwicklung, das grenzt uns von der Peer Group ab, das wollen wir durch Grundstückszukäufe in Wien und Berlin weiter aufbauen.

Sind eigene weitere Kapitalmarktschritte denkbar?

Ich schließe es nicht aus. Aktuell notieren wir am NAV und wenn wir es schaffen, NAV-neutral ohne Verwässerungseffekt zu sein, wäre es strategisch unclever, das auszuschließen. Vielleicht auch eine Wandelanleihe. Wenn Wachstumschancen da sind, muss man flexibel sein.

Bilderset zum Interview: 
Interview Daniel Riedl (Buwog)

 



(06.10.2015)

Daniel Riedl (Buwog), (© Martina Draper/photaq)


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Christian Drastil
Der Namensgeber des Blogs. Ich funktioniere nach dem Motto "Trial, Error & Learning". Mehrjährige Business Pläne passen einfach nicht zu mir. Zu schnell (ver)ändert sich die Welt, in der wir leben. Damit bin ich wohl nicht konzernkompatibel sondern lieber ein alter Jungunternehmer. Ein lupenreiner Digital Immigrant ohne auch nur einen Funken Programmier-Know-How, aber - wie manche sagen - vielleicht mit einem ausgeprägten Gespür für Geschäftsmodelle, die funktionieren. Der Versuch, Finanzmedien mit Sport, Musik und schrägen Ideen positiv aufzuladen, um Financial Literacy für ein grosses Publikum spannend zu machen, steht im Mittelpunkt. Diese Dinge sind mein Berufsleben und ich arbeite gerne. Der Blog soll u.a. zeigen, wie alles zusammenhängt und welches Bigger Picture angestrebt wird.
Christian Drastil

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