Eine Rückkehr zur Drachme ginge schnell (Wolfgang Matejka)

Die Emotionen gehen hoch. Das griechische Poker mit der EU steuert auf seinen Höhepunkt zu. „All In“ die einzige verbliebene Option. Je näher die Deadline rückt, umso deutlicher treten die möglichen Auswirkungen dieser digital anmutenden Entscheidung hervor.

Die Positionen scheinen klar: Griechenlands neue Regierung will ihre Wahlversprechen mit vollem Einsatz zu Lasten der EU durchsetzen. Im Bewusstsein alles verlieren zu können ist sie mit der Vision der Entschlossenen unterwegs. Ob zum Sterben bereit, grundsätzlich basisarrogant, oder nur im perfekten Bluff wird sich zeigen. Die EU hingegen in einer ungewohnten Rolle, sie hat sich einer Situation zu stellen die sie nicht gewohnt ist: einen vermeintlichen Bittsteller als Fordernden zu erkennen. Kein Wunder, dass sich die EU plötzlich geeint präsentiert. Doch wie sehen die Optionen wirklich aus?

Die EU sieht sich einer offenen Drohung gegenüber: sollte sie die Liquidität weiterhin via EZB zur Verfügung stellen, will Syriza seine Wahlversprechen teilweise aus dem Forderungskatalog herausnehmen. Ein doppelter Zynismus. Der EU gegenüber mit leeren Händen zu drohen und seinen Wählern gegenüber sämtliche Wahlversprechen hinter die Geldschwemme der EU zu stellen. Die Fratze der Politik. Die EU hingegen beharrt auf den Reformforderungen und einen Kotau Griechenlands. Es soll sichtbar sein wer der Stärkere im Hause Europa ist. An sich ein scheinbar aussichtsloses Unterfangen beider, denn jemand der sich voll entschlossen gibt, wird nicht kurz vor dem Ziel klein beigeben. Dann ist er nämlich im Lande geächtet und kann gleich abtreten. Und die EU wird sich auch nicht mit einem Lippenbekenntnis zufrieden geben können, denn inzwischen rinnt das Geld außer Landes und die griechische Wirtschaft wird sich ohne Veränderungen nicht erholen können.

Die Wahrscheinlichkeit eines Grexit wird bereits mit rund 50% angenommen. Doch viel wahrscheinlicher ist ein „Greeccident“, der Unfall Griechenland, weil niemand in der Lage ist rechtzeitig Beschlüsse fassen zu können und somit die selbst gesetzten Fristen zur administrativen Stolperfalle werden. Was wenn man bis Freitag eine Lösung gar nicht mehr administrieren kann? Die Effekte wären … markant:

Die Griechen bunkern bereits seit Wochen ihre Euros „unter der Matratze“. Rund 100 Mio. Euro werden angeblich täglich aus den Bankomaten gezogen. Eine Rückkehr zur Drachme ginge schnell. Die Bankguthaben werden umbenannt, die freien Euro-Scheine überstempelt. Der Wert dieser Währung würde zu Beginn bei 1:1 liegen, sich aber rasch auf eine tiefere Ratio reduzieren. Man rechnet mit minus 30%, aufs Erste. Der Zahlungsverkehr mit dem Ausland würde sich blitzartig anpassen, die Zahlungsbilanz von Hellrot Richtung Blutrot stürzen, der Schwarzhandel mit ungestempelten Euros erblühen. Um den Geldverkehr im Inland nicht zu verlieren würde man dort wohl auf eine interne Transferwährung schwenken müssen, sonst kriegen die Beamten kein Gehalt: Die Armen werden noch ärmer, die Reichen haben ihre Euros ohnehin bereits im Ausland. Diese werden dort nicht gestempelt. Und die EU hat in Wirklichkeit die gleiche Situation wie zuvor: Griechenland kann seine Schulden nicht bezahlen. Ob innerhalb oder außerhalb der Eurozone. Ohne Reformen geht’s daher wirklich nicht. Der einzige Vorteil den Griechenland dann noch für die EU hat ist seine geografische Position innerhalb Europas. Und das wird der Trigger sein, an dem es anzusetzen gilt. Ausbau der Häfen, der Transferzonen, Sichern der Grenzen. Finanziell unterstützt durch die EU auf gegenseitig transparenter Basis. Könnte so einfach sein. Wenn da nicht die Politik wäre.



(17.02.2015)

Griechenland, Fahne, zerfetzt, kaputt, ramponiert, schlecht, abwärts, http://www.shutterstock.com/de/pic-227438137/stock-photo-greek-torn-flag-fluttering-in-the-wind-posted-signs-on-a-rusty-pole.html, (© shutterstock.com/eigene Bilder)


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Wolfgang Matejka

Über 30 Jahre einschlägige Erfahrung im Bankwesen, davon über 15 Jahre in Führungspositionen

  • seit 07/2013 Chief Investment Officer der Wiener Privatbank SE
  • seit 07/2010 Geschäftsführender Gesellschafter der Matejka & Partner Asset Management GmbH
  • 02/2010 - 07/2010 Geschäftsführer der Oscar Investment GmbH Wertpapierfirma
  • seit 10/2009 Geschäftsführer der Matejka Beteiligungs GmbH, Erwerb, Verwaltung, Entwicklung und Veräußerung einer Beteiligung
  • 09/ 2009-10/2009 Vorstand der Q1 Capital Management AG, Unabhängiges Multi-Manager-Investmenthaus mit Sitz in Wien
  • 06 / 2009-10/2010 GF Sparrow GmbH. (Einzelgesellschaft) – Geschäftsgegenstand: Erwerb, Verwaltung und Entwicklung von Beteiligungen
  • 04 / 2006: GF Julius Meinl Investment GmbH
  • 03 / 2004: CIO Meinl Bank AG
  • 05 / 2002: Vst. Bank Vontobel Österreich AG
  • 01 / 1999: GF Allianz Invest KapitalanlagegesmbH.
  • 07 / 1994: Investment & Trust Bank (nunm. Allianz Investment Bank AG)
  • 04 / 1990: Länderbank Capital Markets GmbH.
  • 10 / 1981: Österreichische Länderbank AG
  • Matura (Naturwissenschaftl. Realgymnasium), CEFA, div. Fachseminare

>> http://wolfgang-matejka.com


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