Die globalen Aktienbörsen 2015: Neues Jahr - neue Chancen ... aber die Luft wird dünner (Franz Gschiegl)

Das Börsenjahr 2014 brachte wieder einmal einige Überraschungen – erfreulicherweise die meisten auf der positiven Seite. Einem verhaltenen Jahresauftakt folgte ein tolles erstes Halbjahr, wobei vor allem die Anleihemärkte nochmals kräftig zulegten, aber auch die Dividendenwerte mancherorts durch neue historische Höchststände für Schlagzeilen sorgten. Die Euphorie wurde im Spätsommer von einer Ernüchterung abgelöst. Im Oktober beschleunigte sich der Abwärtstrend. Als man schon vielerorts von einer nachhaltigen Trendwende sprach, drehten die Märkte wieder nach oben, wobei die wichtige US-Leitbörse sogar neue historische Höchststände erzielen konnte. Zum Plus von 13% im Standard & Poor's (S&P) 500 Aktienindex kam dann aus Sicht des Euroinvestors noch die Wertverbesserung des US-Dollars um 10% dazu, was für die weltgrößte Börse ein sehr erfreuliches Anlegerresultat zeigte. Berechnet auf lokaler Währungsbasis wies der Weltbörsenindex 2014 allerdings mit 3% nur ein unterdurchschnittliches Plus auf, wobei etwa die deutsche Börse ihre zuvor erkämpften Kursgewinne wieder abgeben musste.

Ist die mehrjährige Börsenhausse nun zu Ende, oder erleben wir gerade nur eine Verschnaufpause? Sollte man in Schwächephasen Aktienpositionen aufbauen oder bei freundlicher Stimmung eher reduzieren?

Die Wallstreet als Leitbörse in Rekordlaune

Die US-Börsen konnten ihre Rolle als weltweit führende Aktienumschlagplätze wieder einmal gänzlich ausspielen und durch historische Indexhöchststände glänzen. Kaum hatten sich die Ängste über einen möglichen Oktobercrash nach einem zehnprozentigem Einbruch breitgemacht, drehte das weltweit wichtigste Börsenbarometer wieder rasch nach oben und machte nicht nur das verlorene Terrain wett, sondern punktete bei den Investoren mit neuen Rekordhochs. Die „Bären“, also die Vertreter der Meinung, dass fallende Kurse drohen, mussten wieder einmal das Feld zugunsten der Haussiers räumen. Ein Anstieg um über zehn Prozent in knapp einem Monat bestätigte die Optimisten in ihrer Auffassung, dass die amerikanischen Börsen noch lange nicht überbewertet sind. Ein Plus von 13% im breit gestreuten S&P 500 Composite Index sowie ein Plus von 14% im technologielastigen NASDAQ-Index zeigen an, dass die gesamte Marktbreite von der positiven Grundstimmung erfasst wurde. Zu den größten Gewinnern unter den Branchen zählten die Medien, Technologie, Biotechnologie, Telekommunikation und das Gesundheitswesen, am meisten verloren Erdölwerte und Freizeitaktien.
Der starke Dollar, beziehungsweise der schwache Euro verhalfen – wie erwähnt- den heimischen Investoren noch ein zusätzliches Plus von 10%, womit sich das Gesamtergebnis für US-Aktien schon herzeigen lässt.
Die US-Konjunktur steht offensichtlich wieder auf einem stabilerem Fundament. Die Weltwirtschaftsmacht Nummer 1 punktet vor allem bei einem wiedererstarktem privaten Konsum, der immerhin für 70% der gesamten Wirtschaftsleistung verantwortlich ist. Eine Entspannung im Immobiliensektor, die Verbesserung am Arbeitsmarkt, steigende Unternehmensgewinne und nicht zuletzt der Ölpreisrückgang um 40% in nur wenigen Wochen haben die Stimmung der Konsumenten wieder deutlich heben lassen. Mit den aktuellen Ölpreisen würde die Wirtschaftsleistung der USA um 0,5 Prozentpunkte höher sein. Die Aktien konsumnaher Branchen haben bereits entsprechend reagiert, nun hofft man auf einen entsprechenden Boom im Weihnachtsgeschäft.
Sehr erfreulich verlief generell die letzte Saison der Unternehmensgewinnberichterstattung, in vier von fünf Fällen lagen die Zahlen über den Schätzungen. Die im S&P 500 enthaltenen Werte weisen für 2014 einen rekordhohen Nettogewinn von 1,1 Billionen Dollar aus, 19 Gesellschaften können sich über Gewinne von jeweils über 10 Milliarden freuen. Apple, Exxon und Wells Fargo haben mit 93 Milliarden gemeinsam einen höheren Gewinn aufzuweisen als alle 30 im DAX (Deutschen Aktienindex) vereinten Unternehmen.
Die USA ist nun wieder am besten Weg die Rolle als globale Konjunkturlokomotive zu übernehmen, vor allem nachdem China seit geraumer Zeit doch etwas an Euphorie eingebüßt hat. Die Wallstreet bleibt daher auch für 2015 eine zu favorisierende Börse.

Weltbörsen bieten ein uneinheitliches Bild

Nach den fulminanten Aktienjahren 2012 und 2013 lief es 2014 deutlich gemächlicher ab. Die globalen Aktienindices weisen für 2014 (per Ende November) für die „entwickelten“ Märkte ein kleines Plus von 3,2% auf, für die Emerging Markets, also die Schwellenbörsen, gibt es sogar ein Minus von 1,7%, wobei hier die sehr schwache russische Börse mit einem kräftigen Minus von über 30% (das noch zusätzlich durch den schwachen Rubel verstärkt wurde) der große Verlierer war, während Indien mit einem Plus von 33% glänzen konnte.
Positiv fiel die Türkei auf, die nach einem tollen ersten Halbjahr mit Anstiegen von bis zu 45% im Zuge diverser Belastungsfaktoren zwar über den Sommer kräftig nachgab, aber im Spätherbst wieder ihre Anhänger zurückerobern und ein Plus von über 20% erzielen konnte. Die Türkei bleibt auch für 2015 einer unserer heißen Favoriten, auch Indien hat noch Potenzial.
Eher matt verlief das Börsengeschehen in Europa. Die wichtigsten Aktienumschlagplätze in London und Frankfurt zeigen im Jahresvergleich trotz zwischenzeitiger Schwankungen und historischer Höchststände wenig an Veränderungen. Sie konnten das flotte Spätherbsttempo der Wallstreet nicht mithalten. Positiv fielen die skandinavischen Börsen auf: Vor allem das Plus von knapp 20% in Dänemark war sehr erfreulich. Auf der Verliererseite findet sich neben Portugal leider auch der heimische Markt relativ weit oben.
In Asien konnte Japan ein kleines Plus aufweisen, wobei die Berg- und Talfahrt des Yen zu berücksichtigen war. Die Tatsache, dass Japan im dritten Quartal in eine Rezession rutschte, belastet natürlich gehörig. Regierungschef Shinzo Abe, der mit seiner unkonventionellen Politik („Abenomics“) seinem Land vorübergehend einen Drive versetzen konnte, kam dadurch kräftig unter Beschuss. Ein negatives Quartal war zwar bedingt durch die Mehrwertsteuererhöhung erwartet worden. Die nachfolgende Erholung ist aber ausgeblieben.

Der matte Glanz des Goldes…

Machen wir einen kurzen Rundblick über andere Anlagemöglichkeiten, so zeigt das Gold mit einem Unzenpreis von etwa 1200 US-Dollar den gleichen Wert wie zu Jahresbeginn (man hat aber immerhin den Dollarwährungsgewinn für sich). Vom Höchstwert nahe der 2000er Grenze (2011) ist das Edelmetall jedenfalls zur Zeit meilenweit entfernt.
Trotz einiger geopolitischer Unruheherde gab der Ölpreis kräftig nach und notiert bereits ca. 40% unter seinem Jahreshöchst vom heurigen Sommer. Hier gibt es, wie bei der US-Börse erwähnt, entsprechend positive Auswirkungen für die Konsumenten, insbesondere auch im Hinblick auf die Heizsaison.

Zinsen am Gefrierpunkt….

Diese Schlagzeile haben Sie schon öfter gelesen, sie bleibt aber aktuell. Hatten viele Experten für 2014 schon Zinsansteige erwartet, so wurden sie dann doch von der Realität überholt und auch Negativzinsen waren kein Schreckgespenst mehr.
Grosso modo haben sich die Anleihezinsen 2014 gegenüber dem Vorjahr nochmals halbiert, was schöne Kursgewinne in allen Segmenten abwarf. Bei einem Renditeniveau von 0,78 % für deutsche Bundesanleihen mit zehnjähriger Laufzeit ( bei fünf Jahren 0,126%) sind die Ertragserwartungen nun ebenso niedrig, im Falle deutlich steigender Zinsen (die zwar für den Euroraum 2015 nicht zu erwarten sind) drohen hier zwischenzeitlich entsprechende Kursrückgänge. Gott sei Dank ist die Inflationsrate im Euroraum mit 0,7% auch niedrig, sodass sich der Realverlust in Grenzen hält.
Niedrige Zinsen am Sparbuch, Geld- und Anleihemarkt verstärken natürlich die Suche nach ertragreicheren Anlageformen und da sind Aktien trotz der seit 9. März 2009 anhaltenden Hausse (mit kleineren Konsolidierungen) noch immer die attraktivste Alternative –wenn da nicht das unabschätzbare Risiko wäre. Aktien mit attraktiven Dividendenrenditen von 3 % und darüber sind jedenfalls für Anleger, die sich ein regelmäßiges Einkommen wünschen, sehr interessant.

Soll man jetzt noch Aktien kaufen?

Diese Frage wird natürlich häufig gestellt, dies gilt nicht nur für die Mehrheit der Investoren die noch gar keine Aktien besitzen (in Österreich 94,6%, in Deutschland knapp 90% der Bevölkerung), sondern auch für jene, die den Aufschwung zumindest teilweise mitgemacht haben und nun zittern, ob sie nicht wieder in der nächsten Korrektur einen Teil der Gewinne preisgeben müssen. Die Luft ist nach einer fünfeinhalbjährigen Hausse dünner geworden. Neue historische Rekordhöchststände in New York, London, Frankfurt (im Sommer),Indien etc. könnten zur Vorsicht mahnen. Diese neuen Niveaus müssen nicht gleich eine Kehrtwende einläuten, sie sind in erster Linie ein Ausdruck starker Nachfrage kaufwilliger Investoren. Ob die Bewertungen auf diesen Kursebenen noch „fair“ sind, ob sie im historischen Vergleich bei ähnlichen Rahmenbedingungen schon gegeben waren, oder ob die Euphorie als schlechter Lehrmeister das Szepter schwingt, sollte hingegen schon genau beobachtet werden. Am Ende des Tages entscheiden Angebot und Nachfrage über die Kursbildung- und diese wichtigen Parameter werden von den Erwartungen der aktiven Marktteilnehmer bestimmt. Die Antizipation des zukünftigen Geschehens ist der entscheidende Knackpunkt. Ist das Umfeld so positiv, dass wir und viele andere weiter steigende Kurse erwarten, dann werden wir Aktien kaufen, falls nicht, dann eben nicht- so einfach ist dies, zumindest scheinbar.
An den meisten Weltbörsen sind wir jedenfalls seit geraumer Zeit aus der Phase der Unterbewertung heraus, extreme Überbewertungen gibt es hingegen kaum. Die Börsenampeln sind aktuell grün blinkend.
Wie sehen nun aber die wichtigsten Rahmenbedingungen für die nächsten 6-12 Monate aus? Was spricht für eine Fortsetzung der globalen Aktienhausse, was dagegen? Dies wollen wir kurz gegenüberstellen.

Die Optimisten, also die Haussiers, führen folgende Argumente für eine Fortsetzung des Aufwärtstrends an:
+++Die Zinsen bleiben tief, auch wenn sie -etwa in den USA- geringfügig steigen gibt es kaum Erträge aus Geldmarkt- und Anleiheinvestments, womit die relative Attraktivität von Aktien unverändert hoch ist
+++die globale Wirtschaft ist zwar nicht als dynamisch zu bezeichnen, aber ein geringes Wachstum in Europa und vor allem bessere Perspektiven für die USA und einige Emerging Markets sind doch vorhanden
+++Aktien sind generell im historischen Vergleich nicht überbewertet, wenngleich Okkasionen auch zur Seltenheit geworden sind
+++Anlagenotstand: Kapitalsammelstellen wie Pensionskassen und Versicherungen kommen auf der Suche nach höheren Erträgen nicht an Aktien vorbei
+++es gab immer wieder Konsolidierungen in dieser Hausse und daher keine beschleunigten Aufwärtstrends die zur Vorsicht mahnen
+++die Unternehmensgewinne zeigen durchwegs ein positives Bild, eine gute Absicherung der Kurse
+++Dividendenzahlungen erhöhen die Attraktivität der Aktien
++USA als neue Konjunkturlok
+++Wallstreet mit Rekordniveau gibt das Tempo vor

Die Pessimisten sehen hingegen folgende Warnsignale:
---die Risikofreudigkeit kann rasch umschlagen und dann rasseln die Kurs nach unten
---Europa geht am Rande einer Rezession spazieren, Japan ist schon dort
---die Staatsschulden werden wieder zum Hauptthema und es gibt da keine Lösung
---das Finanzsystem wird neuerlich getestet
---ausgehend von den Junk Bonds beginnt eine Anleihenkrise
---geopolitische Instabilitäten nehmen zu und verschrecken die Investoren
---der Banken-, Finanz-, Wirtschafts- und Vertrauenskrise folgte eine dramatische Sozialkrise
---die Hausse geht nach fünfeinhalb Jahren ihren Ende zu

Die Strategietipps für 2015

Man sollte jedenfalls nicht mehr gedankenlos Aktien kaufen, sondern allmählich wieder mehr Sorgfalt walten lassen. Wer hoch investiert ist, der sollte ruhig auch einmal Gewinne realisieren und etwas Cash aufbauen. Schwache Börsenphasen sollten im ersten Quartal zur Schnäppchenjagd von jenen genützt werden, die noch keine Aktien besitzen.

Wer gar keine Aktien besitzt, der sollte jedenfalls dann tiefere Kurse zum Einsammeln nützen.
Unsicherheiten werden auch 2015 den Jahresverlauf prägen, aber grundsätzlich ist es noch nicht zu spät um auf den Börsenzug aufzuspringen. Keine Aktien zu besitzen ist nach wie vor ein Fehler, genauso nichts tun und abwarten.

Trends beachten: in dieser Börsenphase ist es sinnvoller auf bereits bestehende Trends aufzuspringen als nach vernachlässigten Börsen Ausschau zu halten (es hat meist einen Grund, wenn Aktien nicht steigen während andere schon im Höhenflug sind)
Diversifikation nicht vergessen: Risikostreuung bleibt oberstes Gebot, auch wenn sich manche Möglichkeiten als noch so toll präsentieren. Hier bewährt sich der Einsatz von Fonds.

Blickt man auf die Weltbörsen, so ist die Wallstreet der neuerliche Favorit. Unter den Randbörsen sollte Indien auch 2015 den Höhenflug fortsetzen. Auch die Türkei hat weiteres Potenzial, diese ist am besten mit einem Länderfonds wie den ESPA STOCK ISTANBUL abdecken. Für die ganz Mutigen ist die am niedrigsten bewertete Börse der Welt in Moskau ein sehr heißer Tipp. 2015 wird Russland sicher einmal durchstarten, der ESPA STOCK RUSSIA ist da ein ideales Investment.

Für Investoren, die sich sowohl am Anleihemarkt als auch an den Aktienbörsen engagieren wollen, stellen gemischte Investmentfonds ein ideales Anlagevehikel dar.
Dabei kann man auch den Maximalgrad der Aktienquote wählen, dieser beträgt etwa beim YOU INVEST SOLID 10%, beim YOU INVEST BALANCED 30% und beim YOU INVEST ACTIVE 50%.



(22.12.2014)

Feuerwerk, Nacht, Wien, (© Martina Draper)


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Franz Gschiegl

Vorstand, Erste-Sparinvest, Rekordteilnehmer beim Vienna City Marathon (Gesamtschnellster aller jener, die alle 31 VCM`s beendet haben), Dritter bei http://www.runplugged.com/... . Bloggt über Börse und den VCM 2015.

>> http://www.erste-am.at


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