Ich meine: Auch wenn die Wiener Börse und die OeKB eine höchst kompetitive Infrastruktur für den Handel geschaffen haben (und auch das investierte Volumen des Zertifikatemarkts sogar in absoluten Zahlen herzeigbar ist), bleibt der österreichische Kapitalmarkt im europäischen Vergleich ein Nachzügler, die Aktionärsquote will und will nicht hochgehen. Einer, der sich unermüdlich um internationale Vernetzung kümmert, ist IVA-Präsident Wilhelm Rasinger. Im Vorjahr brachte er die jährliche Generalversammlung der EuroFinuse, Europas Dachorganisation für alle Anlegerschutzverbände und Privatinvestorenvereinigungen, nach Wien. Und zwar samt Konferenz „The Financial Repression“ im Ringturm, das Thema ist seither aus den Schlagzeilen nicht mehr verschwunden. Heuer gelang es Rasinger, der WFIC (World Federation of Investors Corporations –
wfic.org), Wien als Standort für ihre Jahreskonferenz schmackhaft zu machen. WFIC-Präsident Roger Ganser reiste aus den USA an, seine Stellvertreter aus Japan, Brasilien und Frank-reich.
Vom 25. bis 27. September hatten sich etwa 25 Delegationen in der „Klimt-Villa“ in Wien-Hietzing über die Themen „Better financial Education“ und „Banking and Business in CEE and Russia“ ausgetauscht und beraten. Das Fachheft war am Freitag, 26. September, dabei. In der
Sky Lounge der
Raiffeisen Bank International fand da eine auch für interessierte Anleger zugängliche öffentliche Veranstaltung zu diesen Themen statt.
Ein Mann für 13 Finanzminister
Rasinger eröffnete und stellte mit Wolfgang Nolz den Ex-Kapitalmarktbeauftragten vor, Nolz habe (nicht in dieser Funktion) 13 Finanzministern gedient. Klingt nach Europarekord. Europäisch startete auch der Moderator des Abends, der das Publikum in mehr als einem Dutzend Sprachen willkommen hiess: „My Name is Peter Muzik. But in the Capital of Songs you also can call me Peter Music [„pie:ter mju:sik“]. Music a.k.a. Muzik sprang danach gleich direkt zum Kernthema: Financial Education. Man finde bei
Google zu diesem Thema 23 Millionen Hits. Aber was genau? Das Thema sei insgesamt noch verkannt. Markus Arpa, Head of PR bei der OeNB, brachte Beispiele aus dem eigenen Haus: Finanzcockpit, Seminare für Lehrer, Euro Kids Tour, Generation Euro School. Stolz ist die OeKB auf die Portfoliosimulation, man kann innerhalb der Assetklassen Sparbuch,
Gold, Anleihen, Aktiengewichtungen steuern und erhält Best&Worst-Case-Entwicklungen mit Aha-Effekt. Bottom Line für ein diversifiziertes Portfolio: „Je Länger man investiert bleibt, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, Verlust zu machen“, so Arpa, der auch eine Wissensbörse am Start hat. Das war auch das Thema von Wilfried Schneider, WU Wien, der auf
www.finanzbildung.eu verwies und die Unabhängigkeit der Site von Interessen der Bank- und Versicherungswirtschaft betonte.
Quiz als Rechnung ohne Steuern
Wie schwierig es ist, beim Finanzwissen das Richtige zu tun, zeige ein OECD-Quiz; dieses liefere tolle Rechenbeispiele, gehe aber nicht auf nationale Steuern ein und bringe somit schlichtweg falsche Ergebnisse hervor. Es folgtem Frank Fumio Kaneko, Vice President of WFIC, der interessante Beispiele aus Japan brachte, man könne aus der Entwicklung von Umsatz, Gewinn und Aktienkurs sehr schöne Entwicklungen ablesen, sowie
Henriette Lininger (Bild HIER), Head of Issuers der Wiener Börse; Muzik stellte sie als „First Lady“ vor. Lininger wies grafikunterstützt darauf hin, dass der zuletzt viel gescholtene Wiener Aktienmarkt, gemessen am
ATX, in der Sicht seit 2002 immer noch eine Outperformance vs.
DAX,
Dow, FTSE und WIG 20 aufweise. Aber natürlich: 90 Prozent der ATX-Unternehmen würden Business in CEE betreiben und das werde dieser Tage sehr kritisch gesehen. Ob zu kritisch, das werde die Zukunft zeigen. Die RBI, Gastgeber der Veranstaltung, verfüge als CEE-Leader über einen CEE-Anteil von 71 Prozent, die
Erste Group von 64 Prozent, dahinter
Immofinanz (60) und
VIG (56). Ganz anders der
Verbund: Nur 2 Prozent CEE-Anteil, sieht man sich die jüngsten Entwicklungen der Aktienkurse an, so kommt das damit einer Top-/Flop-Liste sehr nah.
Politik soll nicht „demonizen“
Auch die Wiener Börse sei natürlich im Themenblock Financial Literacy sehr aktiv, als eines der Highlights verfüge man über sehr günstige Kursinformationen für den Retailkunden. Die Vorstände würden zudem sehr stark das Gespräch mit allen Parteien suchen, dass die Börse nicht weiter „demonized“ wird. Lars Erik Forsgardh, Chairman „ecoDa“ , hatte vor der Pause eine Einladung parat: ecoDa vertrete indirekt rund 55.000 Board Directors in Europa, Österreich sei noch nicht Mitglied, aber herzlich willkommen. Nach der Pause waren mit
Eduard Zehetner und Herbert Stepic zwei der exponiertesten Ost-Exposure-Experte an der Reihe, Zehetner stellte den internationalen Zuhörern die Immofinanz vor, rund 20 Prozent aller österreichischen Privatanleger würden auch Immofinanz besitzen.
(19.10.2014)
Eduard Zehetner (Immofinanz), Roger Ganser (WFIC), Wilhelm Rasinger (IVA), Peter Muzik (Media Consultant), (© photaq/Martina Draper)