03.08.2013, 6263 Zeichen
„ATX ist billig, aber noch nicht lächerlich billig“
Fondsmanager Thomas Irmler im Fachheft 11-Talk über Stockpicking und warum es noch rund 20 Prozent nach unten gehen muss, damit man dann wirklich eine ATX-Chance wie 2002 erhält.
Lieber Thomas, kurz ein paar Worte, warum Du nicht mehr bei der ESPA bist, wo Du zuletzt den Ringturm (RT) Österreich Aktienfonds und den RT Zukunftsvorsorge Aktienfonds gemacht hast. Ich höre von Auffassungsunterschieden, wie sie halt vorkommen können …
Thomas Irmler: Ja, und zwar darüber, wie man die Fonds managen sollte. Meine Meinung ist, dass man bei einem Fonds mit Österreich-Schwerpunkt hauptsächlich auf das Makro-Bild schauen muss. Wenn es rauf geht, braucht man Beta über 1 und wenn es runtergeht, Beta unter 1. Die Alternative, die meiner Meinung nach international Sinn macht, aber an die ich für Österreich mit den viel zu wenigen Titeln einfach nicht glaube, ist Stockpickung. Auch wenn zB Alois Wögerbauer das seit Jahren wirklich super hinbekommt. Es war auch ein Seitwärtsmarkt. In einem Bullenmarkt geht das nicht, auch nach unten ist man dann zu stark investiert. RCM setzt auf Stockpicking, jetzt auch die ESPA. Am Ende eines Trends sieht man, was in den vergangenen Jahren am besten gewesen wäre.
Also Seitwärtsbewegung vorbei?
Ja und auch ein Ende des Trends, dass man 100 Prozent investiert ist, Stockpicking betreibt, weil das nicht funktionieren wird. Ich glaube halt langfristig nicht an Stockpicking. Dazu kommt, dass ich auch kein Stockpicker bin, sondern ein Makroökonom. Wenn ich glaube, dass der Markt steigen wird, dann muss ich die Beta-starken Aktien long sein, zB die Banken oder eine voestalpine, RHI.
Bis zu welcher Grenze an Volumen kann man in Österreich stockpicken? 100 Mio.?
100 Mio. gehen gerade noch, 50 sind besser, aber in meinem Fall mit zuletzt kumuliert fast einer Mrd. war es ausgeschlossen.
Und wohin gehen wir im Markt?
Wir sind seit Sommer 2007 in einem Bärenmarkt, ich bin langfristig sehr bullish. Der Punkt ist nur: Am Ende eines Bärenmarkts sind Aktien nicht nur billig, sondern sie sind lächerlich billig. Und die Aktien sind noch nicht lächerlich billig. Ich glaube, dass wir im Herbst tiefere Kurse bekommen.
Wie tief gemessen am ATX? Unter 2000?
Ja definitiv. Ich denke, dass wir in Europa ein deflationäres Problem haben und das bei den Aktien noch nicht angekommen ist, anderes als zB bei den Rohstoffen. Ich glaube, dass man heuer noch sehr billig kaufen kann. Ich sehe das als Chance, nicht als Bedrohung.
Und würdest Du bereits aufsammeln oder sagst Du, dass wir noch nicht so weit sind?
Wir sind noch nicht so weit. Bei manchen Titeln juckt es aber schon jetzt sehr. Eine Kapsch bei 30 zB, aber ich glaube auch, dass man die zu 25 auch bekommen kann. Oder eine ams bei 50. Auch Titel wie Lenzing sind auf Sicht drei, vier Jahre bei den aktuellen Kursen ein „Steal“. Aber es wird noch billiger.
Also zehn bis 20 Prozent runter?
Eher 20. Dann eine Riesen-Chance auf mehrere Jahre.
Wie 2002?
Ja. Es gibt viel Liquidität und wenn es nochmals nach unten geht, dann werden die Notenbanken vielleicht nochmal stimulieren müssen. Und irgendwann ist der Druck so gross, dass der Wirtschaft gar nichts anderes übrig bleibt, als zu wachsen. Dann muss man Aktien long sein bis unter die Decke.
Stichwort wikifolio. Wir sind ja alle dabei. Wie bist Du aufmerksam geworden?
Ein Handelsblatt-Artikel im März, ein Homepage-Besuch, das hat mir gefallen. Als Fondsmanager ist das compliancemässig und sowieso „No-Go“. Jetzt hat sich das zerschlagen und ich bin bei wikifolio aktiv. Aktuell ist ein Long-Short-ETF-Portfolio in der Testphase. Ich handle ETFs auf Indizes, Rohstoffe, Währungen und Zinsen.
Du bist wohl im nächsten Emissionslauf von wikifolio dabei. Wirst Du eigenes Geld investieren?
Definitiv. Ich werde 5000 Euro investieren, damit es Real-Money gekennzeichnet wird. Wenn man gute Performance liefert, wenig Drawdowns hat, wird man Anlegergelder gewinnen. Und weil der Anleger nur 0,95 pro Jahr zahlt, ist das durchaus attraktiv.
Und dann hast Du mir auch Absolute Trading Austria Plus als wikifolio angekündigt ...
Ich werde zumindest 75 Prozent Austro-Aktien haben. Keine 100 Prozent, weil einige Branchen in Österreich fehlen; Chemie oder Autos zB.. Weil ich sieben Jahre Österreich gemacht habe, wird das der Schwerpunkt sein, da findet man auch gute Unternehmen, gut aufgestellte Weltmarktführer.
Und warum Absolute Trading?
Also ich möchte nicht an einem Index kleben, sondern ich möchte in jedem Jahr eine positive Performance erzielen und neben den Core-Investments ein wenig traden.
Die Range für den Investitionsgrad?
Das Portfolio wird je nach Einschätzung zwischen 0 und 100 Prozent Aktien haben.
Und Short?
Schwierig, es gibt keine Short-ETFs auf den ATX im Wikifolio-Universum, Absicherung hie und da über DAX-Short-ETFs.
Frage an jemanden, der mit Unternehmen, Institutionellen zu tun hatte. Kann man dafür Institutionelle gewinnen?
Schwierig, man braucht bei den meisten drei Jahre Track Record und es darf auch nur max. 10 Prozent des wikifolio-Gesamtwerts investiert werden. Also eher was für Private.
Welche Testtitel sind im Austro-Wikifolio?
Ich bin sehr defensiv, effektives Exposure Null, nur Low-Beta wie EVN und Verbund.
Also Contrarian bei den Versorgern, die hat ja fast niemand auf der Liste.
Ja, weil ich glaube, dass die Märkte nach unten gehen. Ich bin auch ein wenig Amag long, dazu DAX und EuroStoxx short. Das Ziel ist, nichts zu verlieren, wenn es runtergeht. Ich habe auch in der Vergangenheit gute Performance erzielt, die Benchmarks bis auf 2012 immer geschlagen, davor einen Fonds in erbärmlichem Zustand übernommen.
In Deine Ära ist natürlich Lehman gefallen, der ATX-Future war da 100 Punkte unter der Kassa. Wie konntest Du hedgen?
Ich musste nicht, ich war underweighted und glücklich, konnte den Future unter der Kassa kaufen. Das war geschenktes Geld.
Was war die beste Zeit für den ATX?
Die Golden Ära war 88-90. Die Zeit zB der Porr-Vzg. und Stämme, mit Geldkursen gestiegen, dazu die Phase von 2003 bis 2007. Für die Wiener Börse war das perfekt, Ostfantasie bei den Banken, steigende Rohstoffpreise zB gut für die voestalpine.
Und wie siehst Du die CEE-Sache jetzt. Chance oder Risiko?
Definitiv eine Chance, das Thema ist noch lange nicht gegessen.
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Thomas Irmler
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Knaus Tabbert
Die Knaus Tabbert AG ist ein führender Hersteller von Freizeitfahrzeugen in Europa mit Hauptsitz im niederbayerischen Jandelsbrunn. Weitere Standorte sind Mottgers, Hessen, Schlüsselfeld sowie Nagyoroszi in Ungarn. Das Unternehmen ist seit September 2020 im Segment Prime Standard der Frankfurter Wertpapierbörse notiert.
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