11.07.2013, 3194 Zeichen
Hin und her macht Taschen leer. Ist ein alter Börsenspruch, der sinngemäß zum Nachdenken vor einer Investitionsentscheidung ermuntert und gleichzeitig die Tatsache betont, dass Trading, also das bewusste kurzfristige Handeln, selbst bei Profis nicht immer zum Erfolg führt.
Aber es gibt noch ein paar andere Börsen-Analogien zu diesem Satz: Beispielsweise ist mittlerweile statistisch bestätigt worden, dass Unternehmen mit der Anzahl an Analysten, die sie covern auch an Innovationskraft verlieren. Auf den ersten Blick entsteht Skepsis. Warum, fragt man sich vielleicht, denn je mehr Analysten, umso eher wird das Unternehmen umfassend über ihre Investoren und die Bedürfnisse des Kapitalmarkts informiert. Die Krux liegt im Detail und in der Emotion. Je mehr Analysten, umso mehr Einzelmeinungen und je mehr Einzelmeinungen umso mehr Unsicherheiten über Veränderungen im Unternehmen. Dadurch beginnt auch die Innovationskraft zu leiden, denn innovative Prozesse brauchen eben Zeit und, ganz wichtig, Sicherheit, um gedacht und umgesetzt werden zu dürfen. Die Conclusio obiger Tatsache wäre daher, dass Unternehmen mit hoher Innovationskraft und hoher Abdeckung durch Analysten diesen ab einer bestimmten Informationstiefe immer weniger verraten, um flexibel bleiben zu können. Klingt wahnwitzig, wird aber wohl allein aus Konkurrenzgründen passieren und den positiven Nebeneffekt „Analysten-Absicherung“ unbemerkt mittragen.
Desgleichen kann man negative ökonomische Effekte bei Unternehmen feststellen, die eine hohe Fluktuation im Management haben. Hin und Her im Management sorgt für Verunsicherung, lähmende Eingewöhnungsprozesse, die zumeist auch ziemlich aktiv genutzt werden allen Ballast, und sei es auch noch so fraglich, ob es einer ist, von Bord zu werfen, bevor man selber dafür verantwortlich gemacht wird. Am Ende bleibt oft kein Potenzial, aber dafür ein Haufen Schulden übrig.
Ebenso das unangenehme Hin und Her in Managementstil von Portfolios im Bemühen, den in der Grundstimmung so oft rapide schwankenden Märkten rechtzeitig zu begegnen. Dies ist zumeist ein tief zynisches Spiel mit Emotionen. Der Kampf der Medienschlagzeile gegen die nüchtern abwägende Ratio. Wenn Portfoliomanager von Meldungen zu Absicherungstätigkeiten verleitet werden, diese dann wieder auflösen müssen, weil alles eh nicht so schlimm war, um gleich am nächsten Tag mit irgendeinem erneuten „Worst Case“ konfrontiert zu werden. Ein Fest für Verschwörungstheorien. Nicht erst seit den Aussagen von Mr. Snowdon zu NSA und sonstigen „Diensten“ fragt man sich, was ein „Wissender“ im Hintergrund alles an Emotionen zu seinen Gunsten auslösen könnte.
So lange, bis sich die letzten von ihren fundamentalen Lieblingen getrennt haben – und danach plötzlich die offensichtliche Wahrheit über die Qualitäten dieser Investments erneut präsentiert und teuer verkauft werden. Diejenigen, die bis zum Schluss an ihren Meinungen halten und sich im täglichen Überprüfen ebendieser permanent üben, sind dann wie die letzten stolzen Äpfel die nach einem Sturm auf einem Baum hängen geblieben sind. Für das Davor gibt es auch einen Börsenspruch: Shaking the tree …
(Von: Wolfgang Matejka, Bilder von Wolfgang HIER)
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